Die Werbung namhafter Hersteller verspricht seit Jahrzehnten dich trocken zuhalten, egal bei welchem Wetter. Aber geht das überhaupt? Wir haben über die Jahre Erfahrung mit den verschiedensten Arten von Wetterbekleidung machen können. Besonders auf unserer aktuellen Reise ist ein guter Wetterschutz unabdingbar. Die meiste Zeit sind wir draußen dem Wetter ausgesetzt. Regen, Hagel, Schnee, Sonne und Wind. Manchmal haben wir sogar 4 Jahreszeiten an einem Tag. Wenn dich auf über 4000m von jetzt auf gleich das schlechte Wetter mit Schneeregen, Hagel und Wind trifft gibt es keine Kompromisse. Der Artikel soll das Thema funktionelle Wetterbekleidung beleuchten. Wir möchten zeigen, was es für grundsätzliche Unterschiede gibt und was man von einem Wetterschutz erwarten kann. Was für Bekleidung wir nutzen und ob sie sich bewährt hat erfahrt ihr hier.
Bei atmungsaktiven Bekleidungsstücken lässt eine dampfdurchlässige Membran den Schweiß, der vom Körper produziert wird, nach außen um somit die Haut möglichst trocken zu halten. Wind und Regen kann hingegen nicht von außen an den Körper heran. Generell wird in 3 Kategorien von Materialien unterschieden: 2-Lagen-, 2,5-Lagen und 3-Lagen Material.
2-Lagen Materialen haben einen Außenstoff und darauf aufgebracht eine Membran. Zudem meist ein Meshgewebe, das Abstand zwischen Haut und Membran schafft und verhindert, dass die Haut an der Membran klebt.
2.5-Lagen Materialien haben den Außenstoff, eine Membran und auf der Membran eine Art Trennschicht aufgebracht.
3-Lagen Materialien bestehen aus dem Außenstoff, der Membran sowie einem Gewebe auf der Membran, dass diese schützt. Dieses Material ist das Widerstandsfähigste und am abriebfestesten, aber auch mit Abstand das teuerste.
Generell stellt sich die Frage, was habe ich vor. Brauche ich den Wetterschutz nur für wenige Tage im Jahr und möchte deshalb ein sehr kleines Packmaß (Volumen) und Gewicht. Oder brauche ich es für extremere Bedingungen, wie zum Beispiel Gletschertouren, Bergsteigen oder Wandern mit schweren Rucksack, wo Robustheit und Abriebfestigkeit im Vordergrund stehen.
Die 2 und 2,5-Lagen Materialien zeichnen sich durch ihr sehr geringes Gewicht und äußerst kleines Packmaß aus. Perfekt also um Jacke und Hose immer dabei zu haben, wenn das Wetter nicht mitspielt. Auch der geringere Anschaffungspreis kann hier maßgeblich sein. Andererseits ist aufgrund der Konstruktion also, dass die Membran innen nicht durch ein Gewebe geschützt ist mit schnellerem Abrieb zu rechnen, als dies bei einem 3-Lagen Material der Fall ist. Im Klartext heißt das, dass sich die Membran schneller abnutzt je mehr sie belastet wird unter anderem durch einen Rucksack.
Die 3-Lagen Materialien haben durch ihr innen auf der Membran aufgebrachtes Gewebe eine sehr hohe Strapazierfähigkeit. Dieses Material ist für höchste Beanspruchung, täglichen Einsatz und Langlebigkeit gemacht. Der Nachteil ist der hohe Anschaffungspreis und das meist deutlich höhere Gewicht und Packmaß. Manche Jacken haben zudem an den Schultern und der Hüfte des Außengewebes zusätzlich abriebfeste Beschichtungen, speziell für den Einsatz mit Rucksack.
Es kommt drauf an. Auch atmungsaktive Materialien vollbringen keine Wunder. Zwar wird gerne mit höchsten Werten an Dampfdurchlässigkeit geworben, aber verschwiegen werden ein paar andere Fakten. Zum einen kann die Membran nur eingeschränkt bis gar nicht arbeiten, wenn das Außenmaterial nass ist, denn hier kann der Wasserdampf nur in sehr geringem Umfang durchkommen. Demnach muss stets darauf geachtet werden, dass das Außenmaterial gut imprägniert und somit wasserabweisend ist. Zudem arbeiten Membranen am besten, wenn die Außentemperatur deutlich geringer ist, als die Körpertemperatur. Erfahrungsgemäß arbeitet unsere verwendete Bekleidung unter 15°C sehr gut. In tropischen Gebieten hat eine Membranjacke sowie eine Hose oder Schuhe mit Membran praktisch keine Funktion. Ganz im Gegenteil sind sie hier sogar nachteilig, da man im eigenen Schweiß langsam vor sich hin gart.
Wie bei einer kalten Wasserflasche im Sommer auf der sich Kondensat in Form von Wassertropfen bilden wird die Innenseite der Jacke nass, sobald die Menge des Schweißes größer ist, als die Membran nach außen abführen kann.
Ein wichtiger Punkt ist das Verhältnis der Atmungsaktivität und der Menge an produzierten Schweiß bei körperlicher Betätigung.
Um das zu verdeutlichen hier ein Beispiel:
Laut Fitforlife.ch produzieren wir bei sportlicher Betätigung zwischen 0,5-2 Liter Schweiß pro Stunde. Ein Mensch hat etwa 1,5-2 m² Hautoberfläche. Die Frage ist nun ob die produzierte Schweißmenge pro Fläche und Zeit durch die Atmungsaktivität des Membranmaterial abgeführt werden kann.
Zur Vereinfachung nehmen wir 2 m² Hautoberfläche an, welche auch etwa der Fläche des Material einer Jacke + Hose entspricht. Als Schweißmenge gehen wir von 1 Liter (1000 ml = 1000gr) Schweiß die Stunde aus, was einer mittleren Belastung entspricht. Ebenso gehen wir davon aus, dass die Schweißdrüsen über die ganze Körperfläche gleichmäßig verteilt sind.
Das ist eine idealisierte Annahme, da zum Beispiel unter den Armen erheblich mehr Schweißdrüsen sitzen, als am Oberschenkel. Zur Veranschaulichung soll es hier aber nicht stören.
Aus 1 Liter Schweiß die Stunde auf 2 m² Fläche ergibt sich 1000 g/ 2 m²/ 1 h = 500 g/ m²/ 1 h
Das heißt, die Membran muss 500 g oder anders gesagt 500 ml Wasser bzw. entsprechend Wasserdampf pro Quadratmeter Stoff vom Körper abtransportieren. Kann sie das?
In unseren Jacken ist eine Ceplex advanced Membran der Firma Vaude verbaut mit einer Wassersäule von 20.000 mm, und einem MVTR 20.000 g/ m²/ 24 h
Der MVTR Wert gibt nichts anderes an, als die Menge an Wasserdampf die der Stoff pro Quadratmeter, auf eine bestimmte Fläche, in einer bestimmten Zeit, ableiten kann.
Auf die Stunde gesehen ergibt sich folgende Menge an Wasserdampf pro m²
20.000 g/ m²/ 24h / 24h = 833.33 g/ m²/ 1h
Die Atmungsaktivität ist somit höher, als die produzierte Schweißmenge.
Bei einer hohen Luftfeuchtigkeit ist jedoch Vorsicht mit dieser Aussage geboten. Bei Starkregen oder Nebel kann die Membran den Wasserdampf nicht an die Luft abgeben, da die Luft bereits gesättigt ist. Die Atmungsaktivität ist hierbei eingeschränkt.
Irgendwie muss der Schweiß von der Haut an die äußerste Schicht, also unsere Jacke und Hose gelangen. Dazwischen befinden sich normalerweise noch anderen Kleidungsschichten, durch die der Schweiß durch muss. Als geeignete Unterschichten bieten sich Synthetikmaterialien wie zum Beispiel Fleece, sowie Merino-Bekleidung an, da diese die Feuchtigkeit gut wieder abgeben. Baumwolle sowie Daunenprodukte (außer wenn es sehr kalt ist) sollte hingegen vermieden werden, da diese nur schlecht den Schweiß weiterleiten.
Da wir recht minimalistisch unterwegs sind ist unsere 3-Lagen Jacke nicht nur Regenschutz, sondern auch Isolationsschicht gegen Wind und kaltem Wetter. Das heißt, dass wir sie sehr häufig tragen. Die Hose haben wir sehr viel weniger an, da wir es angenehmer empfinden ohne. Die Anforderungen an die Jacke und Hose sind für uns dennoch sehr hoch.
Anforderungen an die perfekte Regenjacke
-UV Resistent
-Mechanisch robust
-Leicht
-Kleines Packmaß
-Windundurchlässig, auch an den Reißverschlüssen
-Weit genug geschnitten, für Kleidung darunter
-Lange Ärmel über die Handgelenke
-Etwas Länger am Hintern damit auch bei der Radfahrposition keine Lücke entsteht
-Einstellmöglichkeiten, also Gummizüge an Hüfte, Kragen und Kapuze
-Kapuze mit Platz für eine Mütze darunter
-Klettbänder an den Ärmeln
-Große Belüftungsöffnungen unter den Armen
Es ist nicht leicht eine Jacke zu finden, die all diese Anforderungen vereint. Es hat uns auch einiges an Zeit und Geld gekostet, um schlussendlich das Richtige für uns zu finden.
Aufforderung an die Perfekte Hose:
-Verstellbar an den Waden, damit sie nicht in die Kettenblätter kommt
-Lang genug sein (am besten etwas über die Schuhe)
-Leicht
-Kleines Packmaß
-Wasser- und winddicht
-Weit genug, um auch eine lange Hose darunter zu tragen
-Verstärkt am Hintern
Bei der Hose haben wir von Anfang an Glück gehabt, die richtige gefunden zu haben.
Zu Beginn unserer Reise hatten wir 3-Lagen Jacken, die sehr schwer und voluminös waren, diese wurden uns aber in Kirgistan geklaut. Wir haben sie dann durch 2,5-Lagen Jacken von der Firma Vaude ersetzt. Leider mussten wir feststellen, dass die Jacken mit unseren Anforderungen überfordert waren und sind schlussendlich bei der Croz 3L Jacket einer 3-Lagen Jacke von Vaude hängen geblieben. Diese Jacken sind unglaublich leicht mit nur 331 Gramm in Größe M und auch sehr klein zu packen.
Bei den Hosen haben wir von Anfang an eine Vaude Spray Pant II und Spray Pant III im Einsatz. Die Hosen sind eine Mischung aus 2,5-Lagen und 3-Lagen Material. Am Hintern dort wo die größte Beanspruchung ist, ist sie aus 3-Lagen Material. Um das Packmaß klein zu halten, ist der Rest 2,5-Lagen Material.
Die Hosen tragen wir nur wenn es extrem kalt, windig oder sehr regnerisch ist. Was uns gut gefällt ist, dass es zwei Klettbänder an jedem Bein gibt um die Weite anzupassen. So entgehen wir der Gefahr, die Hose in die Kette zu bekommen. Ein weiterer für Andi wichtiger Punkt ist, dass es die Hosen auch in Langgrößen gibt. Leider ist dies eine Ausnahme, obwohl die Menschen in Europa im Schnitt größer werden.
Die Hosen von Vaude haben uns von Anfang an gut gefallen, bei den Jacken war das anders. Steffi hatte vor beginn der Reise eine Helly Hansen 3-Lagen Jacke (2 Jahre alt) und ich hatte eine Bergans 3-Lagen Jacke (7 Jahre alt) und wir haben es nicht eingesehen extra neue Jacken zu kaufen, wenn wir doch schon gute hatten. Wir haben sie schlichtweg geliebt! Nachdem sie uns aber geklaut wurden, haben wir generell über unseren Reisestil nachgedacht und haben viel reduziert, um schlussendlich auf eine Art Bikepacking umzusteigen. Das hieß aber auch, Gewicht zu reduzieren. Meine Bergans Jacke war grandios für Skitouren, Wandern mit großem Rucksack und Expeditionen, aber mit fast 1 kg einfach zu schwer und voluminös. Steffis war da schon leichter, aber wurde nicht mehr produziert. Aufgrund der Verfügbarkeit an Modellen und der ökologischen und der vorbildlichen Philosophie im Hinblick auf die Produktion und Produktionsbedingungen haben wir uns für Vaude entschieden. Die Produktion klassischer Membranen für den Outdoorbereich ist eine ziemlich dreckige Angelegenheit. Recycling der Bekleidung mit klassischen Membranen ist nicht möglich. Vaude geht hier einen anderen Weg und hat neue umweltschonendere Membranen entwickelt. Zudem ist der Service hervorragend, was wir leider mit unseren 2,5-Lagen Jacken testen mussten. Bei den beiden Jacken haben sich die Membranen gelöst. Sie wurden uns anstandslos mit den croz 3L Jacken ersetzt.
Wie du siehst ist das Thema "gute und wetterfeste Kleidung" nicht schnell zu behandeln. Wenn du dir neue Bekleidung kaufst, mache dir erst einmal Gedanken was du wirklich brauchst, bevor du dich auf die Suche im Outdoordschungel machst. Der Einsatzzweck ist entscheidend, außerdem muss die Jacke passen und deinen Anforderungen entsprechen. Eines ist aber ganz wichtig, erwarte keine Wunder von den Herstellern. Auch für sie gelten die Gesetze der Physik, wobei so manche Werbung etwas anderes vermitteln will.
11/2018 geschrieben von Andi
Werner Battenhausen (Freitag, 23 November 2018 07:58)
Kleidung bei Wandern, Radfahren, Klettern ist immer ein Thema.
Dankeschön für die Information aus Eurer Praxis mit wirklich allen Wetterlagen und weiterhin eine gute Reise.
Werner Battenhausen
Mr Wingman (Freitag, 23 November 2018)
Moin moin. Ich bin dieses Jahr 5000km gefahren. Dazu benutze ich im Sommer/Herbst einfach die Segelkleidung von meinen Segeltörns. Und im Winter nehme ich eine Snwoboardkleidung. Gute Schuhe von Lowa mkt dicken Socken. Fast alles bei Decathlon zu kaufen. Gefällt mir sehr gut und funktioniert. Achja, Merino Unterwäsche ist auch sehr zu empfehlen. Und dann immer schön nach dem Zwiebelprinzip anziehen. Je mehr Schichten desto wärmer. LG aus dem Norden.