Bikpacking ist das Reisen mit dem Fahrrad mit möglichst wenig Gepäck. Hierbei werden häufig die klassischen Radtaschen durch Taschen die direkt an oder in den Rahmen geschnallt werden, ersetzt. So kann jeder auch sein Mountaibike oder Rennrad nutzen um auf Reise oder auch nur einem Wochenendtrip zu gehen.
Seit längeren haben wir uns immer mal wieder mit dem Thema Bikepacking beschäftigt. Wenig Gepäck das hört sich gut an. Wir waren aber immer der Meinung, dass dies nur etwas für kurze Trips von vielleicht 2 Wochen sinnvoll ist und dann auch nur wenn man keine Ersatzteile und keine Elektronik dabei hat. Wir wollen aber mehrere Jahre unterwegs sein, da geht das nicht. So der Gedanke. Wir wurden eines besseren belehrt!
Auf dem Weg zum Pamir Highway trafen wir Ben Page einen englischen Fatbikefahrer (Fahrrad mit seeehr breiten Reifen) und Filmemacher. Ben ist seit 2,5 Jahren „on the road“. Erst ist er wie wir mit dem klassischen Radtaschenaufbau von Patagonien in die USA geradelt. Seit einem Jahr mit reduzierten Gewicht als Bikepacker im Winter durch Britisch Columbia und jetzt von der Mongolei in die Türkei und radelt zur Zeit in Afrika.
Wir haben viel geredet und uns von ihm Tipps geholt. Das Feuer war entfacht! Auf dem Pamirhighway ist uns dann klar geworden wie schwer doch unsere Räder oder vielmehr die Ausrüstung ist. Wir haben zwar bereits zwei Pakete mit jeweils 5 Kilogramm nach Deutschland geschickt, trotzdem fühlten wir uns immer noch überladen. Auf der Reise waren unsere schönsten und eindrucksvollsten Strecken immer jene die abseits asphaltierte Straßen waren. Da kommt wohl unsere Leidenschaft zum Mountainbiken durch. Der Spaßfaktor abseits der Straße hängt aber sehr stark von dem zu bewegendem Gewicht und der Kontrollierbarkeit ab. Je höher das Gewicht desto geringer der Spaß so der Schluss.
Das Pamirgebirge lässt uns genug Zeit Ideen zu entwickeln. Wir sind Feuer und Flamme für die Idee die Räder abzuspecken und nochmehr Spaß zu haben. Unser Begleiter für Tajikistan, Alberto, ist ebenso begeistert. Mit diesem Gedanken im Kopf fiel uns immer mehr auf was mit den voll bepackten Rädern nicht geht. Zum Beispiel haben wir schon Probleme mit den Vorderradtaschen hängen zubleiben wenn ein paar größere Steine auf dem Weg liegen und der Weg nicht gerade sondern zur Seite hin abfällt. Dementsprechend sehen auch die Fronttaschen aus. Viele kleine Schnitte zieren die Unterseite der Taschen. Immer wieder muss ich sie reparieren.
Wir hatten überlegt uns in Südostasien Taschen machen zu lassen und dann mit neuen Setup nach Amerika zu fliegen. Aber wenn wir eines gelernt haben auf der Reise dann ist es, dass es immer anders kommt wie geplant.
In Kirgisistan wurde uns dann ein großer Teil der Ausrüstung in der Nacht gestohlen. Da wir nicht alles was weg war einfach blind neu kaufen wollten und konnten
haben wir es als Anlass genommen darüber nachzudenken was wir wirklich brauchen und ersetzen müssen. Aus unseren Erfahrungen und dem Reiz etwas neues auszuprobieren haben wir uns entschieden das
Thema Bikepacking jetzt in Angriff zu nehmen. Neben Bekleidung und Ausrüstung haben wir uns einen sogenannten Handelbarbag einer Tasche am Lenker aus Deutschland durch ein befreundetes
Radlerpärchen mitbringen lassen. Skeptisch haben wir das Ding dann in Augenschein genommen ist es doch sehr anders zu den gewohnten Taschen. Naja jetzt gibt es kein Zurück mehr. Die Überflüssig
gewordenen Taschen nahm Alberto mit nach Spanien und schickte sie dann von dort nach Deutschland, das ist erheblich günstiger als direkt aus Kirgisistan. In Bischkek fanden wir zu unserem Glück
auch einen Laden der wasserdichte Packsäcke in verschiedenen Größen verkauft. Zwar sind die Säcke eigentlich zu dünn für unseren Zweck aber was sollen wir machen wenn es keine anderen
gibt.
Kurzerhand werden Klettband Flaschenhalter und eine dicke Tischdecke gekauft und wir basteln uns daraus Halter für 2x 4 Liter große Packsäcke für die Vorderradgabel. Die Vorderradpacktaschen kommen nach hinten. Die Hinterradpacktaschen fallen weg. Die Verwandlung unserer Räder begutachten wir skeptisch so gehört doch für uns zu einem richtigen Reiserad immer ein Vorderradgepäckträger und viele große Taschen. Auch sind wir sehr Skeptisch wie sich der etwas höhere Schwerpunkt auf die Fahreigenschaften des Rades auswirkt. Allen bedenken zum trotz ziehen wir es durch und sind heiß darauf die Räder im Gelände auszuprobieren.
Die ersten Meter mit den Rädern waren sehr ungewohnt und wir wissen nicht ob uns das wirklich auf Dauer gefällt. Steffi vermisst schon nach einem Tag ihre Lenkertasche in die sie alles so schön organisieren kann.
Wir wollen die Räder ausprobieren und finden einen kleinen Track durch die Berge mit fiesen Steigungen, kalten Temperaturen, Schnee und Schiebestrecken. Auch müssen wir Essen für eine Woche einpacken.
JA ES GEHT! Zu unsere Überraschung haben wir sogar Platz für frisches Brot und Gemüse für mehrere Tage. Der Track ist einfach nur klasse. Selten hatten wir so viel Spaß mit einer Strecke. Wir kommen Steigungen hoch die vorher nur durch gemeinsames schieben möglich gewesen wären, können durch tiefen Schnee fahren ohne das die Taschen hängen bleiben und können das geringere Gewicht bergab besser kontrollieren.
Auf die Frage haben wir keine Antwort. Was wir toll finden ist, dass wir die kleinen Taschen als Kopfkissen nehmen können und so auch kleinere Matten nutzen können. Zudem bekommen wir alle unsere Taschen super einfach in das Zelt nicht nur in die Apsis( also das Vorzelt). Weniger Dinge heißt auch das weniger kaputt gehen kann und wir auf weniger acht geben müssen.
Logisch! Wir haben erheblich weniger Platz in den Taschen und müssen organisierter packen. Es kostet viel Überwindung sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren. Außerdem sind unsere aktuellen Packsäcke nicht so robust und haben schon kleine Löcher durch Steine die zwischen die Halterung und die Tasche gekommen sind. Auch ist das Packen des Schlafsacks und der Matratze ein Kampf. Aber mit der Zeit entwickeln wir unsere kleinen Strategien. In Alaska haben wir nochmal neue Taschen kaufen müssen weil die "alten" schon kaputt sind.
Ob uns Bikepacking auf Dauer gefällt wird sich zeigen. Im Moment probieren wir es einfach mal aus. Und bis jetzt sind wir begeistert.
Keep on riding!
geschrieben von Andi 20.05.17