Es ist Wochenende in Bangkok und der Wochenendmarkt liegt direkt um die Ecke. Märkte sind auch in Thailand die perfekte Gelegenheit, um einen Einblick in die Landesküche zu bekommen. Essen ist hier ganz klar Teil der Lebensphilosophie. Die thailändische Küche ist unheimlich vielfältig und wesentlich reichhaltiger als in Laos oder Kambodscha. Hier ein bisschen, dort ein bisschen, viele kleinere Snacks, viel Fleisch und natürlich Currys. Von unserem ersten Thaicurry brennt uns auf jeden Fall noch Stunden später der Mund. Umso weiter wir südlich in Thailand kommen, umso schärfer wird gegessen. Warum zur Hölle werden tonnenweise Chilis in ein Schüssel Curry geschmissen, sodass am Ende außer Scharf kein Geschmack mehr übrig bleibt? Selbst eingefleischte Thais nutzen den Satz „Mai phed, ka!“ – „Nicht scharf, bitte!“. Wir gewöhnen uns zwar langsam an die Schärfe, aber meistens ist es immer noch zu scharf.
Bei den Marktbesuchen vergesse ich gerne mal die Zeit und so kann es schon mal vorkommen, dass Andi eine Stunde warten muss, bis ich wiederkomme. Dafür wird er am Ende aber mit einer Auswahl an Essen belohnt. Es gibt eigentlich jeden Tag etwas neues auszuprobieren. Ob süß oder salzig, sauer oder scharf, cremig oder knusprig, warm oder kalt. Die Zubereitungsvielfallt ist einzigartig und unheimlich inspirierend. Bald geht es mir so wie den Thais und ich denke nach dem Essen bereits darüber nach, was ich als nächstes ausprobieren möchte.
Alles Gute hat auch seine Schattenseite. Während wir die extra Kalorien gut für Alaska gebrauchen können, macht sich der Einmarsch von Fast Food Ketten, Frittiertes an jeder Straßenecke, exzessiver Gebrauch von gezuckerter Kondensmilch und mangelnde Bewegung auf den Hüften der Menschen bemerkbar. Seit der Türkei haben wir nicht mehr so viele stark fettleibige und übergewichtige Menschen auf einmal gesehen. Ich bin etwas schockiert, dass mein Bild der dünnen, kleinen und zierlichen Thailänderin offensichtlich schon lange überholt ist. Beängstigend ist vor allem aber die Zahl der übergewichtigen Kinder, die Thailand vor eine große Herausforderung stellt.
Irgendwann ist auch unsere Zeit in Bangkok vorbei. Nach einem ausgiebigen Frühstück müssen wir erst einmal durch die Stadt. Es klappt erstaunlich gut und nach eineinhalb Stunden Stadtverkehr sind wir draußen. Die Sonne brennt so unglaublich, dass wir im nächsten Radladen erst einmal ein paar Armlinge kaufen. Sonnencreme alleine bringt hier kaum etwas.
Auf unserem Weg in Richtung Süden kommen wir an dem berühmten Maeklong Railway Market vorbei. Die Händler verkaufen hier ihre Waren direkt entlang der Bahngleise. Hupend kündigt sich ein Zug an. Eilig klappen die Händler ihren Sonnenschutz zusammen und Kunden verschwinden in den Gassen, ein kurzes Spektakel, nach dem der Alltag wieder weiter geht, als ob nichts gewesen wäre.
Der Duft von Meer beziehungsweise der aus den vielen Meeresfrüchte verarbeitenden Fabriken liegt schon lange, bevor wir überhaupt einen Blick aufs Meer werfen können, in der Luft. Wind und Nieselregen machen das Fahren schwer. Die Nacht dürfen wir bei Paul und Natt verbringen. Die beiden sind selbst Radler und können uns mit allerlei Informationen und Routen versorgen.
Sind es an der Ostküste noch die Kokospalmen, die die Landschaft prägen, sind es an der Westküste und im Landesinneren Ölpalmen und Kautschuk. Immer wieder sehen wir Äffchen, vor denen wir mehrfach gewarnt wurden. Die kleine Makaken sehen zwar niedlich aus, können es aber faustdick hinter den Ohren haben. Tatsächlich muss Andi einen Makaken vermöbeln, der Sachen von unseren Rädern stehlen will und nur widerwillig verschwindet.
Endlich sind wir am Meer angekommen. Wir lassen es uns nicht nehmen und springen bei der ersten Gelegenheit ins Wasser. Ab jetzt lassen wir es etwas gemütlicher angehen, legen immer wieder Pausen ein oder starten erst am Mittag. So romantisch es klingt, aber nach einigen Nächten am Strand haben wir dann aber schon wieder genug von Sand und Wasser. Nach kurzer Zeit ist der Sand einfach überall. Gepaart mit dem jetzt ständig einsetzenden Regen keine gute Kombination.
Dass die Monsunzeit bereits eingesetzt hat, merken wir jetzt täglich. Auch der Wechsel von der Ost- zur Westküste bringt keine Verbesserung. Wir haben die Wahl im Trockenen von Moskitos aufgefressen zu werden oder im Regen weiter zu fahren. Aufgrund der schwül-warmen Temperaturen entscheiden wir uns meist lieber für den Regen. Neben Moskitos haben wir jetzt täglich mit Ameisen zu kämpfen, die unser Zelt oder Räder besiedeln. Komischerweise mögen sie Andis Schuhe äußerst gerne. Ob es am penetranten Käsegeruch liegt?
Der Straßenverkehr in Thailand ist eigentlich sehr angenehm. Doch auch hier sind wieder viele Rollerfahrer unterwegs, die keinerlei Verkehrsregeln kennen. Auch wenn wir äußerst vorsichtig fahren, passiert, was wir bis jetzt vermeiden konnten. Andi wird von einem überholenden Rollerfahrer erfasst und stürzt. Ihm ist nichts passiert, aber was ist mit dem Rad? Das Laufrad ist verbogen und eine der Vorderradtaschen aufgeplatzt. Nach wenigen Minuten ist die halbe Familie des viel zu jungen Fahrers vor Ort. Mutter, Tante und Schwester sprechen etwas Englisch und sind äußerst bemüht uns zu helfen. Während Andi das Rad wieder fahrtüchtig bekommt, kann die Näherin um die Ecke die Tasche notdürftig flicken. Ob die Gabel bei dem Sturz etwas abbekommen hat, werden wir wohl erst in den nächsten Kilometern sehen. Improvisieren ist wiedermal angesagt, bezahlen könnte hier keiner ein neues Laufrad oder Gabel. Am Ende sind unsere Taschen voll mit Essen und wir Facebook Freunde.
An der Westküste erinnern nur noch ein heruntergekommenes Denkmal und die Warnschilder an den Tsunami, der 2004 hier wütete. Wir können uns nicht vorstellen, wie es hier ausgesehen haben muss. Der Tourismus rollt auf jeden Fall wieder und wir schnell weiter.
Ein letztes Mal genießen wir Pat Thai. Das Nudelgericht mit Garnelen und Sprossen gehört mit der Kombination aus süß, sauer, scharf und salzig zu meinen absoluten Lieblingsgerichten.
Wir sind gespannt, was Malaysia so zu bieten hat, unser letztes Land auf dem asiatischen Kontinent, bevor es nach Amerika geht.
Unterwegs bis zur malaysischen Grenze 19.850 km und 369 Tage
geschrieben von Steffi
Alles dreht sich gedanklich nur noch um das US – Visum. Nach mittlerweile fast einem Jahr auf dem Rad müssten wir eigentlich abgebrüht sein, was Visas angeht. Trotzdem ist die Anspannung hoch, wie es bei uns weiter geht. Ob der Stress sich am Ende ausgezahlt hat und alles über unsere ersten zwei Wochen in Thailand, lest selbst :)
Es herrscht ein chaotisches Treiben an der Grenze. Auf der Brücke zwischen Kambodscha und Thailand kreuzen sich die Fahrtwege. Wir fahren jetzt auf der linken Straßenseite. Am Anfang etwas ungewohnt, haben wir uns doch schnell daran gewöhnt.
Da alle Geldautomaten relativ hohe Gebühren wollen, wechseln wir unsere Dollar-Reserven in Thai Baht. Mit 7eleven, Tesco lotus und Big C... gibt es jetzt wieder richtig große und kleinere Supermärkte. Zur Feier des Tages gönnen wir uns ein Stück Käse, das erste mal seit Kasachstan. Wenn auch kein sonderlich Guter, aber immerhin Käse. Eines der von uns meistvermissten Lebensmittel.
An jeder Ecke gibt es Straßenstände. Verhungern werden wir hier bestimmt nicht. Ob Ananas direkt vom Feld oder Mangos vom Baum. Obst steht weiterhin auf unserem Speiseplan ganz oben. Auf einem Markt wollen wir eigentlich nur mal ein Gefühl für die Preise bekommen. Von einem Mangoverkäufer bekommen wir freudestrahlend eine große und eine kleine Mango einfach so geschenkt. Soll das etwa eine Anspielung sein? Thais sind unheimlich freundlich und haben offensichtlich auch jede Menge Humor. Die Menschen hier haben Spaß am Leben, es wird viel gelacht und der Umgang untereinander ist sehr zuvorkommend. Auch wenn unser Thailändisch noch in den Kinderschuhen steckt, mit einem Lächel klappt es meist. Nicht umsonst gilt Thailand auch als Land des Lächelns.
Von befreundeten Radler haben wir bereits von den Trinkwasserautomaten erfahren, die es hier geben soll. Tatsächlich finden wir diese in regelmäßigen Abständen. Für ein paar Cent können wir unsere Trinkflaschen auffüllen. Unser Wasserfilter kann wohl wieder ganz unten in die Tasche verschwinden. Zugegeben, es ist nicht ganz so luxuriös wie im Iran, wo das Wasser kostenlos und zudem gekühlt war. Aber bei den heißen Temperaturen können wir mehrmals täglich auffüllen und müssen nicht mehr so viel mit herumschleppen.
Die kleinen Straßen in Thailand sind überwiegend in einem guten Zustand und wenig befahren. Erst kurz vor Bangkok nimmt der Verkehr dann rapide zu. Die Straße ist zu Beginn eine Riesenbaustelle. Aber die Thais fahren vollkommen entspannt, ohne Dauerhupen, also tun wir es ihnen gleich. In China würde jeder wild hupend durch die Gegend fahren. Kein Wunder, dass Chinesen jetzt nicht mehr ohne weiteres mit ihrem Fahrzeug nach Thailand einreisen dürfen. Eine Wohltat für die Ohren.
Immer wieder müssen kleinere Kanäle überquert werden, die uns schon mal einen kurzen Einblick in das Leben mit und am Wasser geben. Dass Bangkok immer wieder mit Hochwasser und Überschwemmung ganzer Stadtteile zu kämpfen hat, erleben wir nach stundenlangem Regen. Da hilft nur Flip Flops an, Hose hochkrempeln und durch das Wasser waten.
Das Spinning Bear Hostel liegt etwas außerhalb des Zentrums im Stadtteil Bangkapi. Radshop und Hostel in einem, von Radlern für Radler. Genau das Richtige für uns, ruhig gelegen und doch alles drumherum, was wir brauchen. Sicherlich ein Grund, länger zu bleiben. Andi kann in der Werkstatt in Ruhe seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Basteln und Schrauben, nachgehen. Bei einigen Verschleißteilen lohnt es sich, diese auszutauschen, bevor wir nach Amerika fliegen. Immerhin werden fast alle Fahrradteile in Asien produziert. Seine Hinterradnabe muss ausgetauscht und das Rad neu eingespeicht werden. Außerdem bekommen wir Zuwachs zur Ausrüstung. Beide Radcomputer haben seit China immer wieder Aussetzer. In Bangkok haben wir von Sigma Asia jetzt einen neuen Radcomputer als Ersatz bekommen. Dabei haben sie es gut mit uns gemeint und uns mit dem Rox 10 eines ihrer Top Modelle fürs Mountainbiken und Rennradfahren als Austausch gegeben. Vollkommen überdimensioniert, aber wir werden sehen, was das Teil taugt.
Der eigentliche Grund, weshalb wir in Bangkok sind, ist das US-Visum. Wir bereiten noch die letzten Unterlagen vor. Am Tag der Entscheidung heißt es früh aufstehen. Noch vor den Pendlern machen wir uns auf ins Zentrum. Bangkok like, natürlich mit dem Boot. 45 min knatternder Motor, der unsere Zähne klappern lässt. Das nächste Mal packen wir Ohrstöpsel ein. An den Bootsseiten sollen Planen die Passagiere vor Spritzwasser schützen. In der dunklen, übelriechenden Brühe möchte keiner freiwillig baden gehen.
Zweieinhalb Stunden zu früh sind wir vor dem US-Konsulat. Wir drehen noch eine Runde durch den Lumphini Park und schauen den Läufern zu, die hier in Scharen ihre Runden drehen. Die Anspannung steigt und Andi ist kurz vorm platzen. Um 9:15 Uhr ist es dann soweit, und wir betreten nach strengen Sicherheitskontrollen das Konsulat. Noch nicht einmal einen Stift dürfen wir mit reinnehmen. Dann geht’s von Schalter zu Schalter. Unterlagen prüfen, Fingerabdrücke nehmen und unseren Finanzstatus offenlegen. Immerhin wollen sie sicherstellen, dass wir auch ja das Land wieder verlassen werden oder vielmehr wieder verlassen können. Alles aber wesentlich entspannter als erwartet. Am Ende heißt es „Your visas are approved“. Yuhu…! USA wir kommen!
Ein paar Tage später holen wir unsere Pässe mit dem Visum auf dem Hauptpostamt ab. Jetzt kann geplant, der Flug gebucht und endlich wieder entspannt geradelt werden. In der letzten Aprilwoche werden wir von Kuala Lumpur nach Alaska fliegen.
Von Bangkok aus haben wir fünf Wochen Zeit bis Kuala Lumpur. Wir haben uns damit gegen Myanmar und den Norden von Thailand entschieden. Weniger ist manchmal mehr. So bleibt sicherlich noch genügend Zeit, um ein paar Tage am Strand zu verbringen. Aktuell befinden wir uns kurz vor der malaysischen Grenze. Dazu aber mehr im nächsten Blog, der sich um das thailändische Lieblingsthema drehen wird: ESSEN, ESSEN, ESSEN.
Unterwegs bis Bangkok 18.515 km und 353 Tage
geschrieben von Steffi