Mit 10 Tagen Aufenthalt war Kambodscha mehr ein Transitland für uns. Eigentlich nicht unser Stil, einfach so durch ein Land durchzubrettern. Doch brennende Felder, Rauch und Trockenheit machten uns das Radeln und Wildzelten schwer. Trotz Preiserhöhung wollen wir uns Angkor Wat anschauen. Immerhin zählt es zum UNESCO Weltkulturerbe und ist Nummer 1 des Lonley Planet Reiseführer. Ganz nett hier!! Aber Angkor ist bei weitem nicht so beeindruckend wie gedacht. Zudem haben wir unsere erste Radelkrise. Die Luft ist raus, wir müssen so schnell wie möglich weiter nach Bangkok um wieder Spaß am Radeln zu haben. Aber alles der Reihe nach...
Vor dem Grenzübergang von Laos nach Kambodscha wurden wir mehrfach gewarnt, dieser ist berüchtigt dafür, Touristen mit dubiosen Gebühren zur Kasse zu bittet. Nachdem uns Laos bereits jeweils 2 Dollar für den Ausreisestempel abgenommen hat, sind wir auf Kambodscha gespannt. Tatsächlich bitten uns die Beamten erst einmal zum Fiebermessen, was natürlich eine Gebühr von jeweils 2 Dollar kosten soll. Wir lehnen erst freundlich, dann mit deutlichem Nachdruck ab, nachdem wir das Wort Botschaft erwähnen, dürfen wir weiter. Die 5 Dollar Gebühr für den Einreisestempel können wir aber nicht vermeiden. 35 Dollar kostet uns am Ende das Visum für 30 Tage. Neues Land mit offensichtlich korrupten Beamten, die gerne mal den einen oder anderen Dollar in die eigene Tasche wandern lassen. Wir werden vorsichtig bleiben.
Die Sonne brennt unaufhaltsam und kein Schatten in Sicht. Wir machen gerade Pause, als Ruth und Jürgen an uns vorbeifahren. Die beiden Globetrotter haben uns mit ihrem Reisemobil schon in Laos mit Wasser versorgt. Eine Flasche kaltes Nass und das Radlerherz schlägt höher. Wie einfach wir glücklich zu machen sind.
Die Gegend ist wirklich unheimlich trocken und nahezu menschenleer, dicker Rauch liegt in der Luft. Felder, Wald, Holzhütten, alles wird abgebrannt, um Platz für neues zu schaffen. Das Gleiche haben wir von Radlern aus dem Norden von Thailand gehört. Jetzt sind wir hier in Kambodscha selbst mittendrin. Dichter Rauch macht das Atmen schwer. Nicht unbedingt angenehm zum radeln. Und wo sollen wir bitte unser Zelt aufstellen? Wir sind optimistisch, dass es besser wird.
In Stung Treng ist Markt, der die Straßen im Zentrum verstopft. Wir verbringen den Morgen damit, uns einen Überblick von den angebotenen Waren zu verschaffen, die sich im Vergleich zu Laos nur wenig verändert haben. Nur die Preise sind teilweise deutlich günstiger geworden. Mit Baguette und Zuckerrohrsaft bewaffnet fahren wir durch die Mittagshitze.
Hier im Norden kommt uns Kambodscha noch ärmer vor als Laos. Strom aus der Autobatterie und Zisternen zur Wasserversorgung stehen vor einfachen Holzhütten. Zuckerrohrplantagen bis zum Horizont. Cashewkerne und wie schon in Laos Maniok. Alles Handarbeit. Die Maniokernte ist fast abgeschlossen und hinterlässt verbrannte Erde. Auch hier lodern überall Glutnester, die immer wieder anfangen zu brennen.
Wir geben Vollgas. Endlich mal wieder stupide Kilometer machen bei gutem Asphalt und wenig Verkehr.
Kambodscha ist voll mit Tempeln und selbst heute noch werden immer wieder neue entdeckt. Nach Sonnenaufgang schauen wir uns die Tempelanlage von Koh Ker an, welche aus vielen kleineren Tempeln besteht. Viele sind aber nicht mehr als ein Steinhaufen. Nach zwei Stunden haben wir genug und fahren weiter.
Die Frage, ob wir drei oder nur einen Tag in Angkor verbringen sollen, hat sich damit erledigt. Ein Tag wird wohl genug sein.
Eigentlich ergeben sich rund um Siem Reap prima Campingspots. Wir entscheiden uns dann doch für ein Hostel. Im Blue Lizard Backpacker Hostel sind wir zwei der letzten Gäste, bevor das Hostel dauerhaft schließt. Auch Siem Reap ist im Aufschwung. Neue moderne Hotelkomplexe verdrängen die traditionellen einfachen Übernachtungsmöglichkeiten. Pool, Bar, Restaurant, die Stadt ist vollkommen auf Touristen ausgelegt. Die Touristenmärkte sind voll mit Produkten „Made in Kambodscha“. Komisch, dass wir die Produkte schon in Laos gesehen haben und die wahrscheinlich eher aus Vietnam stammen.
Wir haben uns tatsächlich für das 1-Tagesticket für Angkor entschieden. Auch wegen einer saftigen Erhöhung des Eintrittspreis von zuvor 20$ auf nunmehr 37$. Irgendwie ist es aber auch lächerlich, sich über einen vermeintlich hohen Eintrittspreis zu ärgern, der nicht teurer als ein Freizeitparkbesuch in Deutschland ist. Aber unser Urlaub ist etwas länger als nur ein Wochenende im Freizeitpark. Wir sind die westlichen Preise einfach nicht mehr gewöhnt. So langsam verstehen wir, warum für viele Langzeitreisende die Rückkehr mehr Mut als der Start kostet.
Den Abend zuvor können wir bereits ab 17 Uhr zum Sonnenuntergang in die Anlage. Wir radeln zum großen Wasserreservoir Srah Srang und benachbarten Tempel Pre Rup, wo wir bereits eine Stunde später kurz nach Sonnenuntergang wieder rausgeschmissen werden. Viel Stress um Nichts. In der Trockenzeit ist die Luft sehr dunstig, nichts für schöne Sonnenuntergänge. Am nächsten Tag sind wir früh auf den Beinen und es wird gerade hell, als wir in Angkor Wat ankommen. Die Menschenmassen sind bereits in Lauerstellung, um den Sonnenaufgang hinter dem Tempel zu erleben. Viel interessanter als der Sonnenaufgang sind dabei die Menschen an sich.
Wir nutzen den ganzen Tag in der Anlage und besichtigen erstaunlich viele der kleineren und größeren Tempel außenherum. Mit den Rädern kommen wir dabei zügig voran. Angkor Wat ist dabei nur ein Tempel von vielen, der wegen seiner Größe und seiner guten Beschaffenheit wohl die meiste Aufmerksamkeit bekommt. Die Dschungel-Tempel haben jedoch deutlich mehr Charme. Es ist beeindruckend, wie sich die Natur die Ruinen Untertan gemacht hat. Unheimlich viele Kinder sind auf den Anlagen unterwegs und verkaufen Souvenirs und Essen an Touristen. "You buy, just one Dollar" ertönt es von überall. Überhaupt machen wir die Erfahrung, dass für Touristen grundsätzlich alles in Dollar angegeben wird. Der Dollar ist neben dem Riel die Zweitwährung in Kambodscha.
Kurz vor Sonnenuntergang werden wir bereits von der Anlage geschmissen. Es langt aber auch. Wir haben beide jetzt erst einmal genug von Ruinen, Tempeln und Top Sehenswürdigkeiten.
Wir bleiben noch einen Arbeitstag in Siem Reap, machen den letzten Blog fertig und füllen den Antrag für das US – Visum aus. Seit längerem gibt es immer häufiger Streit zwischen uns. Andi ist mittlerweile wegen jeder Kleinigkeit auf die Palme zu bringen. So macht das Fahren keinen Spaß mehr. Ist die Luft raus oder sind wir reisemüde? Die Anspannung wegen dem US Visa ist zu hoch, immerhin entscheidet es über den folgenden Tourverlauf. Was solls, wenn die USA uns nicht haben will, gibt es mit Neuseeland und Australien sicher zwei gute Alternativen. Irgendwie wird es schon weiter gehen. Auch wenn ich gerne noch ein paar Tage länger in Kambodscha verbracht hätte, hilft es nichts, wir müssen schnell machen, es geht nach Bangkok und das mit dem US-Visum klären sowie den Flug buchen. Damit der Spaß an der Reise wieder zurückkommt. Denn den Flug können wir erst buchen, wenn wir das Visum haben.
Das nächtliche Wetterleuchten und Gewitter kurz vor der Grenze passt zur aktuellen Stimmung. Ein Minenräumtrupp ist gerade damit beschäftigt, die Straßenränder nach Blindgängern abzusuchen. Wie schon in Laos sind auch in Kambodscha weite Teile stark vermint. Das Grenzgebiet zu Thailand ist dabei besonders stark betroffen.
Wir haben Gas gegeben und erreichen nach einem Radeltag die Grenze zu Thailand. Wir schlürfen noch den letzten eisgekühlten Zuckerrohrsaft. Denn wer weiß, ob es die in Thailand noch so günstig gibt. An der Grenze wollen die Beamten diesmal nur Fingerabdrücke haben und schon ist der Ausreisestempel ganz ohne Stempelgebühr in unserm Pass.
Das Abenteuer Linksverkehr kann beginnen!!!
Unterwegs bis zur thailändischen Grenze (Poipet) 18.255 km und 342 Tage
geschrieben von Steffi