Endlich, der Radexpress rollt wieder. Nach dreiwöchiger, für unsern Geschmack viel zu langen Radpause lassen wir Tehran hinter uns. Der dröhnende Lärm der LKW und das Gehupe der Autos begleiten uns aus der Stadt. Es ist so laut, dass wir wieder einmal vorziehen mit Kopfhörern zu fahren. Trotz des Verkehrs ist es ein schönes Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit, die in der Luft liegt. Das Wetter bringt uns dann allerdings schnell zu den Tatsachen zurück. Unmittelbar rauszus beginnt die Wüstenlandschaft. Die Temperaturen steigen nach Sonnenaufgang schnell auf 40°C. Schnell finden wir wieder unseren Rhythmus. Die nächsten Tage sind wir bereits vor Sonnenaufgang auf den Rädern. Um diese Tageszeit sind die Temperaturen noch angenehm, zeitweise sogar etwas kühl.
Die Wasserversorgung ist bei der Hitze nicht so einfach. Aber es sind unheimlich viele LKWs unterwegs, die große Wassertanks dabei haben. Und auch in den Städten finden sich immer wieder nette Menschen, bei denen wir unsere Flaschen auffüllen dürfen und häufig sogar kaltes Wasser bekommen.
Vom 2. Radtag an haben wir mit heftigen Wind zu kämpfen, der mal von der Seite, dann wieder von vorne bläst. Durch den Sog der LKWs werden wir immer wieder herumgewirbelt und nicht nur einmal von der Straße gefegt. Wir bekommen Zweifel, ob wir es wirklich aus eigener Kraft nach Mashhad schaffen und halten schon mal Ausschau nach potentiellen LKWs. Die Landschaft ist unheimlich eintönig und unser mp3 Player spielt ein Hörbuch nach dem andern ab. Wie gut, dass wir eine so große Sammlung dabei haben. Bei einer Abfahrt werden wir von der Polizei herausgewunken. Wir sind doch nicht etwa zu schnell gefahren mit unseren 25 km/h und Gegenwind? Auch die Polizei ist neugierig und will wissen woher wir kommen und wohin die Reise geht.
Bei Damghan ist der Weg gesäumt von Pistazienplantagen. Der Iran ist der weltgrößte Produzent von Pistazien. Am Straßenrand werden keine Melonen mehr verkauft, sondern frische und getrocknete Pistazien zu einem Spottpreis. Nachdem wir in Tehran bereits ein Kilo Pistazien geschenkt bekommen haben, steigt unser Konsum drastisch. Frische Pistazien vom Baum sind noch einmal ein ganz anderes Geschmackserlebnis. Wie gut, dass die Saison gerade beginnt.
In Damghan selbst landen wir durch einen Passanten beim iranischen roten Halbmond, bei dem Reisende kostenlos übernachten können. Wir kommen zwar erst spät ins Bett, dafür haben wir unser eigenes Zimmer mit Bad, Küche und Fernseher. Richtig Duschen und Wäsche waschen sind längst überfällig gewesen. Wir sind schon froh, dass bei der trockenen Hitze der Schweiß nicht klebt.
Mashhad ist das religiöse Zentrum des Iran. Wir kommen immer wieder an Pilgern vorbei, welche zu Fuß meist nur in Badeschlappen nach Mashhad pilgern. Rund 40 Tage sind einige von ihnen unterwegs. An mobilen Wasserstationen, welche die Pilgernden mit Wasser versorgen, werden wir herzlich willkommen geheißen und bekommen kaltes Wasser. Wir haben das Gefühl, dass die Männer denken, wir sind auf dem Weg nach Mashhad, um zum Islam zu konvertieren. Anscheinend ist das eine beliebte Art und Weise. Aber mit den Rädern?
Kurz vor Neyshabur hat Andi den ersten Platten auf unserer Reise. Immerhin 7600 km waren wir jetzt ohne unterwegs. Es war nur eine Frage der Zeit wann es passiert, bei den vielen Stachelpflanzen. Abends ist es immer wieder eine Herausforderung einen Platz ohne Stachel zu finden. Einmal schlafen wir unter einer Brücke, da sich kein geeigneter und zudem noch windgeschützter Platz finden lässt.
Immer dann, wenn wir es am wenigsten gebrauchen können, passieren Pannen. Kurz vor Mashhad geht es nochmal hoch und runter. Wir sind beide geschafft und freuen uns bald da zu sein. Doch erst hat Andi einen Speichenbruch. Wenige Kilometer weiter dann einen Platten. Die Sonne hat kein Mitleid mit uns. Die Menschen auf der Straße anscheinend schon. Auf dem Highway durch die Stadt, bekommen wir Eis und kühle Getränke aus dem Auto gereicht. Irgendwie müssen diese Iraner Gedanken lesen können.
In Mashhad treffen wir Bernhard, einen deutschen Radler, den wir zuletzt in Istanbul getroffen haben, wieder. Wir sind, wie es der Zufall will, beim gleichen Warmshower host untergekommen. Am nächsten Tag ist der Tag der Entscheidung, bekommen wir das Turkmenistanvisum oder bekommen wir es nicht? Wir sind aufgeregt, als wir vor dem DIN A4 großen Fensterchen vor dem Konsulat stehen. Mit zittrigen Händen gebe ich der Frau die Unterlagen hinein. Ich lächle schüchtern, sie erwidert das Lächeln und schließt das Fensterchen wieder. Es heißt warten. Als das Fensterchen sich erneut öffnet, wird das Geld verlangt. Und keine Minute später habe ich die Pässe mit den Visa in der Hand. Wir können uns den Jubelschrei nur schwer verkneifen, da noch andere Radler warten. Aber auch die drei Jungs von den Strampeltieren bekommen ohne Probleme ihr Visum. Auch für Bernhard, der jetzt schon das fünfte Mal am Konsulat ist, sieht es zunächst gut aus. Aber dann wird ihm zu verstehen gegeben, das sein Visum gecancelt ist. Da sind wir wieder angekommen bei der turkmenischen Willkür. Wir gehen alle davon aus, dass seine Unterlagen verschlampt worden sind. Wir helfen ihm noch, sein Rad und Taschen für den Zug und Flieger fertig zu machen.
Am nächsten Tag habe auch ich den ersten schleichenden Platten, den ich unter staunenden Blicken vor dem Postamt flicke, während Andi sich um unser Paket kümmert. Nach Istanbul wollen wir nocheinmal Ballast abwerfen, 4 kg schicken wir zurück nach Deutschland. Völlig erleichtert (auch vom Geldbeutel her) und glücklich fahren wir nachmittags aus Mashhad raus. Die Tage im Iran sind gezählt. Zugegeben wir sind froh, dass es jetzt wieder weiter geht.
Am späten Nachmittag überholt uns ein Junge auf seinem Motorrad, hält am Straßenrand und grüßt uns beim Vorbeifahren. Wenige Augenblick später fährt er neben mich, grüßt ein weiteres Mal, fasst mir an den Hintern und fährt mit Vollgas davon. Ich schreie ihm hinterher. Andi, der direkt vor mir gefahren ist, nimmt die Verfolgung auf, aber zwecklos. Kein schönes Erlebnis, so kurz vor der Grenze. Durch westliches Fernsehen und Internet wird Männern hier ein falsches Bild von westlichen Frauen und ihrer Lebensweise vermittelt. Dieses falsche Bild ist uns auch schon in der Türkei aufgefallen. Auch werden Jungs hier kaum Grenzen gesetzt. Bereits zwei Mal wurde Andi mit Steinen von Halbstarken beworfen. Es ist schade, dass so etwas passiert, haben wir bis dahin so viele gute Erfahrungen gemacht und waren von der Gastfreundschaft, die uns entgegengebracht wurde, überrascht. Eineinhalb Monate im Iran waren eine lange Zeit. Wir sind gesättigt von der Kultur, die sich so stark von unserer unterscheidet. Wollen einfach nur mal wieder unsere Ruhe haben.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge gehen wir aus einem Land, das so viel Potential besitzt und sich doch selbst im Weg steht. Denn eines darf nicht vergessen werden, der Iran ist ein Männer dominiertes Land, in dem Frauen kaum Mitspracherecht besitzen, sich anpassen müssen und Frauenrechte mit Füßen getreten werden. Kein Land, um als Frau dauerhaft zu leben.
Die Ausreise aus dem Iran verläuft völlig unproblematisch. Wie? Ich darf mein Kopftuch nach der langen Zeit jetzt abnehmen? Ich bin mir unsicher und lasse es, bis wir die Grenze passiert haben, erst einmal auf dem Kopf.
Die Turkmenen machen gerade Mittagspause. Nach einem kurzen Arztbesuch und Sprengstofftest für Andi will der Beamte die Namen der Hotels wissen, in denen wir in Mary und Turkmenabat übernachten werden. Verdammt, auf die Frage haben wir uns gar nicht vorbereitet. Etwas irritiert stammeln wir etwas von Central Hotel. Nach langen hin und her ist er damit zufrieden. Am Ende hätte Zelten wohl auch vollkommen ausgereicht, wie wir erfahren. Es ist schon Nachmittag, als wir endlich die ersten Kilometer radeln. Die Hauptroute für Radler führt von Serahs nach Farab, einmal quer durch die turkmenische Wüste. Fünf Tage Zeit haben wir für die 500 km lange Strecke. Sportlich, aber dennoch machbar.
Wir entschließen uns, die direktere Route über eine kleine Straße in Richtung Hauz-Han zu nehmen. Nach wenigen Kilometern begegnen wir bereits dem ersten Dromedar, das vor uns über die Straße läuft. Außer Dromedaren und Eseln begegnen uns kaum Autos auf der Route, ab und an sind Häuser in der Ferne zu erkennen. Wir genießen diese Ruhe, auch wenn der Straßenbelag katastrophal ist. Zeitweise fahren wir lieber wie die Trucks im Sand neben der Straße. Wir sind froh an einem Kontrolposten nochmal eine Wasserflasche auffüllen zu können, denn die nächste Möglichkeit ist erst wieder bei Hauz-Han viele Kilometer weiter. Wieder auf der Hauptstraße treffen wir auf Verena, eine Soloradreisende, die ebenfalls auf dem Weg in Richtung Süd-Ostasien ist. Da sie im selben Zeitraum in Turkmenistan unterwegs ist wie wir, beschließen wir kurzerhand zusammen zu fahren.
Das Sortiment in den Geschäften ist russisch angehaucht und viele Produkte sind uns schon aus Georgien und Armenien bekannt. Obst und Gemüse finden wir kaum zu kaufen. Ein Apfel kostet hier fast 50 Cent. In Turkmenistan ist die Spanne zwischen Arm und Reich wieder deutlich sichtbar. Auch der extravagante Baustil mit einem Hang zum Übertriebenen ist überall sichtbar. Immer wieder zieren Prunkbauten und Denkmäler des vergangenen Staatschefs den Straßenrand. In Mary frühstücken wir, nach einer kurzen Stadtrundfahrt auf Rädern, vor dem Präsidentenpalast. Auch die vielen neuen Sportstätten, Stadien und Pferderennbahnen stechen ins Auge. Die Turkmenen müssen angesichts dessen ein sehr sportliches Volk sein.
Wer weiß, wann wir das nächste Mal wieder hier in Turkmenistan sind. Deshalb entschließen wir uns, einen 20 km langen Umweg in Kauf zu nehmen und schauen uns die Ruinen von Merv an. Ein riesiges, beeindruckendes Areal mit Überresten aus vergangener Zeit. Leider haben wir einfach zu wenig Zeit um die Gegend ausgiebig zu erkunden.
Die Sonne zeigt auch in Turkmenistan kein Erbarmen. Wenigstens der Wind hat etwas Mitleid und weht bei weitem nicht so stark von vorne, wie wir es im Iran erlebt hatten. Zeitweise haben wir 16 Liter Wasser auf unsere beiden Räder aufgeteilt. Von Bajramaly nach Turkmenabat folgt eine karge Steppenlandschaft, in regelmäßigen Abständen tauchen Cafés oder ein paar Häuser im Nirgendwo auf. In Repetek in einem Cafe dürfen wir, nach einer 80 km langen Durststrecke, sogar die Küche zum kochen benutzen und im klimatisierten Gastraum ein Nickerchen halten.
Da es in Turkmenistan keine Straßenschilder gibt, weisen uns die Turkmenen durch Winken und Rufen den Weg. Die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit und aber im Gegensatz zu den Iranern distanziert. Endlich haben wir wieder Zeit zum Durchatmen. Das wahre Highlight hier sind die turkmenischen Frauen. Endlich ist das triste Fledermausschwarz aus dem Straßenbild verschwunden. Die Frauen tragen lange, bunte, figurbetonte Kleider vorwiegend mit Blumenmuster, dazu traditionell einen bunten Turban. Rank, schlank und bildhübsch lächeln sie uns etwas schüchtern entgegen.
Als wir mittags die turkmenische Grenze passieren, sitzt Angi gerade mit dem turkmenischen Präsidenten Berdymukhamedov im Kanzleramt zum Mittagessen. Auch wir müssen wegen einer verlängerten Mittagspause wieder einmal warten. Na dann, guten Appetit.
Seit 150 Tagen unterwegs und 8639 Km zurückgelegt.
Geschrieben von Steffi
Tehran, die Hauptstadt des Iran, ist kulturell keine schöne Stadt. Der Golestan Palast beeindruckt uns nicht wirklich und der Bazar ist auch nichts Besonderes. Der Verkehr ist anstrengend, zu viele Motorräder und Autos, überall Gehupe. Wer hier eine Straße überqueren will, muss sich durch die fahrenden Autos schlängeln. In Bussen sind Frauen und Männer strikt voneinander getrennt. In der Metro wird die Geschlechtertrennung nicht ganz so eng gesehen. Die Stadt ist jung, aufgeschlossen und sehr westlich geprägt. Hippe Cafés, neueste Technik und Parks, die zum Verweilen einladen. Porsche, BMW und Masarati sehen wir in den Straßen fahren. Autos, die hier mindestens das 3-fache wie in Deutschland kosten.
Um etwas mehr vom Iran zu sehen, wollen wir in einer Woche Städtetrip, Shiraz, Yazd, Esfahan und Kaschan besuchen. Unsere Räder bleiben diesmal sicher untergebracht bei unserem Host in Tehran. Urlaub vom Radelalltag also. Von Tehran aus nehmen wir den Nachtbus nach Shiraz. Busfahren im Iran ist wesentlich angenehmer und komfortabler als in Deutschland, zudem auch noch spottbillig. Nur zum Beispiel: für die Strecke von Tehran nach Shiraz mit rund 1000 km haben wir zusammen rund 26 € inklusive Essen bezahlt. Die VIP Busse verkehren mehrmals täglich zwischen allen größeren Städten. Sie besitzen deutlich weniger Sitzplätze als normale Busse, somit genießt selbst Andi Beinfreiheit.
Vor Shiraz lassen wir uns vom Busfahrer absetzen, um uns am frühen Morgen erst Pasargad und anschließend Persepolis an zu schauen. Persepolis, eine riesige antike persische Ausgrabungsstätte, beeindruckt uns. In unseren Augen ein absolutes Muss für jeden Reisenden auf den Weg nach Shiraz. Nach Shiraz trampen wir weiter. Das ist hier so einfach wie nirgendwo anders, keine 5 Minuten und wir werden bis ins Zentrum mitgenommen.
Abends besuchen wir Shah Cheragh, den „König des Lichts“. Es sind so unheimlich viele Menschen hier. Frauen müssen um diese heilige Stätte zu betreten einen Chador tragen. Es macht nichts, dass ich meinen in Tehran liegen lassen habe. Touristinnen bekommen ein ganz spezielles Bettlaken, damit sie auch ja erkannt werden. Ein ehrenamtlicher Guide begleitet uns durch die Räume. Im Inneren des Schrein herrscht strikte Geschlechtertrennung. Frauen auf der einen Seite der Trennwand, Männer auf der anderen Seite. Die Wände sind voll mit kleinen Spiegel. Mosaike und Kronleuchter erhellen die Räume und der Boden ist komplett mit Teppichen ausgelegt. Wir haben das Gefühl, dass die Moschee nicht nur als Gebetsstätte dient, sondern viel mehr als Treffpunkt für jung und alt. Menschen lesen im Koran, beten oder lauschen den Predigern. Andere tippen wie wild in ihr Smartphone, unterhalten sich laut oder schlafen. Es wird gelacht und geweint. In den Abendstunden versprüht dieser Ort einen ganz besonderen Charme.
Morgens lädt uns die Nasir al-Molk Moschee mit ihren bunten Fenstern, durch die das Sonnenlicht hinein fällt und den Raum in bunte Farben taucht, zum Verweilen ein. Im Herbst und Frühling muss das Spektakel von Sonne und Farben noch viel beeindruckender sein. Aber auch so ist es ein toller Anblick.
In Shiraz treffen wir Alexis, ebenfalls Radler und mit seiner verrückten Art genau der richtige Begleiter für den nächsten Tag. Zusammen besuchen wir Shah Cheragh nochmal bei Tageslicht und haben eine interessante Diskussionsrunde über den Islam mit den Mitarbeitern des Büros für Internationale Angelegenheiten. Wir bekommen einen interessanten Einblick in die islamische Denkweise, auch wenn auf die meisten Fragen nur unzureichend eingegangen wird. Auch der Imam kann die von Alexis gestellte Frage „Warum sollte Gott die Anerkennung durch den Menschen brauchen, wenn er doch das Vollkommene ist“ nicht beantworten. Naja, das Paradies wird uns wohl verwehrt bleiben.
Mit wenigen Ausnahmen wird für fast alle Sehenswürdigkeiten Eintritt verlangt. Ausländische Touristen zahlen hierbei immer teurere Preise als die Einheimischen. Uns wird erklärt, dass Eintrittspreise für Iraner im Ausland nicht bezahlbar sind und die Preise für Ausländer auf für uns europäisches Niveau angepasst sind. Für uns ist diese Zwei-Klassengesellschaft nicht ganz nachvollziehbar. Mancherorts wird der 150 fache Preis für ausländische Touris verlangt. Nein Danke, sagen wir da immer häufiger und genießen lieber die kleinen Dinge. Denn die meisten Erlebnisse können nicht mit Geld bezahlt werden.
Es ist islamischer Feiertag im Iran und alle Sehenswürdigkeiten sowie viele Geschäfte haben geschlossen. Mehrfach wird uns erklärt, dass es sich hierbei um den Todestag „irgendeines Arabers“ handelt. Die Menschen verstehen nicht, warum dies für sie ein Feiertag ist, da sie ja eigentlich Perser sind. Haben wir in der Türkei den Muezzin noch fünf Mal täglich die Gläubigen zum Gebet rufen hören, hören wir ihn hier im Iran so gut wie gar nicht. Auch haben wir das Gefühl, dass sich keiner an seinem Ruf stört. Immer weniger junge Menschen gehen in die Moschee und der Iran hat eine sehr junge Bevölkerung. Die Menschen die wir treffen, sagen alle von sich, nicht gläubig zu sein. Die Jungen sind sich einig, wenn die jetzige Generation der Alten erst einmal nicht mehr da ist, wird sich was ändern im Land. Es muss sich was ändern! Aber auch viele ältere, die die Schaar Zeit bis 1979 noch miterlebt haben, sagen, dass es damals besser war. Eins wird uns klar, die Iraner lieben ihr Land, aber nicht dessen Politik. Überall blicken uns die beiden Religionsführer Khomeni und Khamenei entgegen.
Wir haben die DDR Zeit zwar nicht miterlebt, so wie wir den Iran erleben stellen wir uns aber die DDR vor. Immer wieder die gleichen, hauptsächlich weißen, Autos auf der Straße, eine limitierte Auswahl an ausländischen Produkten, staatliche Kontrolle der Bürger und triste Plattenbauten, denen mit Farbe Leben eingehaucht wurde. Auch hier gibt es alles, was das Leben braucht und sogar noch deutlich mehr. Die Auswahl an Produkten ist zwar beschränkt, die Schattenwirtschaft jedoch riesig. Du kannst hier über den entsprechenden Kontaktmann bekommen was du willst. Das öffentliche Leben wird zwar staatlich kontrolliert und ist strikt vom Privatleben getrennt. Das wirkliche Leben findet jedoch hinter verschlossenen Türen statt.
Wir nehmen den Mittagsbus in die Wüstenstadt Yazd. Den Abend verbringen wir wie Dutzend andere Iraner im Park. In Deutschland würden wir glatt als Penner abgestempelt werden, wenn wir im Park übernachten würden. Hier ist es ganz normal und oftmals die einzige Übernachtungsmöglichkeit. Yazd ist buchstäblich auf Sand gebaut und bietet mit seiner Altstadt aus Lehmhäusern ein tolles Panorama. Wir schlendern durch die verwinkelten Gassen und müssen aufpassen, dass wir uns nicht verlaufen. Windtürme unterschiedlicher Größen sorgen für ein angenehmes Klima in den Häusern, wobei es in den Gassen einfach nur heiß ist.
Wir kommen mit einer Gruppe junger Frauen ins Gespräch, die uns mit Fragen löchern. Sie finden es gut, Kopftuch oder Chador tragen zu müssen, fühlen sie sich so doch sicherer. Das Selbe haben wir jetzt schon häufiger gehört. Ein falscher Sicherheitsgedanke, wie wir finden. Viele Frauen würden, wenn sie wählen könnten, trotzdem weiterhin Kopftuch tragen.
Den Sonnenuntergang verbringen wir an den Türmen des Schweigens (Tower of Silence). Früher wurden hier die Toten gestapelt, heute ist es ein Aussichtspunkt. Wir treffen einen Iraner, der jahrelang in Deutschland gelebt und dort einen Biergarten betrieben hat. Wenn er dürfte, würde er doch gerne wie schon in Deutschland einen Biergarten eröffnen und richtiges Bier ausschenken. Bier gibt es hier in jedem Supermarkt vornehmlich mit Zitrone, Pfirsich oder Ananasgeschmack und natürlich ohne Alkohol.
In Esfahan verbringen wir zwei Nächte mit Atie und Mehbod, ein Informatiker Pärchen. Die beiden zeigen uns ihre Stadt von der schönsten Seite. Auf der Chadschu-Brücke und der Si-o-se Pol Brücke sind unzählige Menschen unterwegs, sitzen hier zusammen, singen, lachen und haben Spaß. Eine tolle Atmosphäre. Ein kleiner Wehmutstropfen ist, dass kein Wasser im Fluss ist.
Die Architektur Isfahans mit seinen historischen Brücken, Plätzen und Gebäuden beeindruckt uns. Leider haben wir nicht ausreichend Zeit in den umliegenden Bergen wandern zu gehen und das Panorama der Stadt von oben zu genießen.
Das kulturelle Zentrum der Stadt bildet der Imam-Platz, der in den Morgenstunden fast menschenleer ist. Wir schauen uns die Imam-Moschee an. Und die historische Jame Moschee nördlich vom Bazar. Diese soll die größte Moschee im Iran sein. Das armenische Viertel Jolfa rund um die Vank Kirche ist ein sehr angesagtes Viertel zum Shoppen und Weggehen.
In Esfahan ist es nun das zweite Mal, dass wir in diesem Land eine Englischklasse besuchen. Mit der Zeit wird auch unser in der Schulzeit so verhasstes Englisch besser, just learning by doing lautet bei uns die Devise.
Zur Mittagshitze sitzen wir im Bus nach Kashan. Hier spüren wir sofort die Nähe zur Wüste. Die Luft ist heiß und trocken. Wir halten es kaum draußen aus. Hamid und Mostafa zeigen uns die Stadt. Gegen Abend werden die Temperaturen dann angenehmer. Spät abends machen wir uns mit ein paar Freunden und einem Geländewagen auf den Weg in die Wüste. Es ist sehr windig an dem Tag und der feine Sand weht uns um die Ohren. Der Sternenhimmel ist einfach atemberaubend und die Sternschnuppen lassen uns unsere Visasorgen wegwünschen.
Wieder zurück in Tehran haben wir wegen dem Chinavisum eine Entscheidung getroffen. Andi fliegt nach Tiflis um dort das China Visum zu beantragen. Ein zeit- und kostenintensive Aktion, die aber immer noch günstiger als alle anderen Alternativen ist. Eigentlich wollten wir bei unserer Art des Reisens bewusst das Fliegen auf ein Minimum beschränken, jetzt bleibt uns keine andere Wahl. An dieser Stelle danke an die chinesische Botschaft in Tehran für das sehr zweifelhafte Vergnügen!
Ohne Andi fahre ich das erste Mal im Frauenabteil der Metro. Fliegende Händlerinnen preisen Mascara und Lippenstifte und BHs an. Frauen probieren Ohrringe oder Armketten aus. Wo bin ich noch mal? Häufig wird das Kopftuch (Hijab) nur noch als modisches Accessoire getragen und hängt locker auf dem Hinterkopf. Die Ärmel der Oberbekleidung werden kürzer. Auch ich krempel meine Bluse meist zweimal hoch. Viele Frauen sind über die Grenze des Zumutbaren hinaus geschminkt. Auch Nasenoperationen müssen, angesichts der vielen Pflaster auf Nasen, im Trend liegen. Das Aussehen spielt auch unter dem Kopftuch und Chador eine große Rolle, oder vielleicht gerade deshalb. Die Frauen im Land, und vor allem in Tehran, testen ihre Grenzen aus. In einem Großteil der Familien ist es jedoch immer noch üblich, dass der Mann arbeitet und für die Familie zahlt. Frauen sind häufig zuhause, machen den Haushalt, schlafen oder schauen Fernsehen. Uns wird erklärt, wenn eine Frau arbeiten geht, dann nur für sich. Das heißt im Klartext, sie kann ihr ganzes Geld beim Shopping ausgeben, was auch gerne gemacht wird. Bekleidung steht hier neben Schmuck ganz hoch im Kurs.
Fast 2,5 Wochen haben wir jetzt in Tehran verbracht. Viel zu lange wie wir finden. Unsere Zeit im Iran läuft langsam ab. Die Visaproblematik hat Zeit gekostet. Auch wenn wir jetzt das gewünschte Chinavisum ohne Probleme bekommen haben, bleiben uns nur noch 1,5 Wochen um von Tehran über Mashhad an die turkmenische Grenze zu kommen. Rund 1100 km und ein Besuch im turkmenischen Konsulat in Mashhad. Endlich mal wieder eine sportliche Herausforderung, die wir gerne annehmen.
Wir sind aufgeregt, als wir die Grenze zum Iran passieren. Nachdem wir die beiden iranischen Radler Amir und Babak in der Türkei getroffen haben und seit dem Film „Don’t go to Iran“ des französischen Filmemacher „Tolt“ ist die Vorfreude auf dieses Land stetig gestiegen. Jetzt sind wir also angekommen in dem Staat, der sich selbst islamische Republik nennt, den Islam zur Staatsreligion gemacht hat und lange Zeit nach außen abgeschottet war. Im deutschen Fernsehen wird über den Iran meist nur wegen dem Atomstreit, den auferlegten Sanktionen und der antiamerikanische Politik berichtet. Deshalb war es vor der Abreise wohl nicht verwunderlich, dass wir häufig gefragt wurden „Iran? Ist das nicht viel zu gefährlich?“ – „Warum?“ Es liegt wohl in der Natur des Menschen, seiner Unwissenheit mit Vorurteilen zu begegnen. Und Nein, Iran und Irak sind zwei unterschiedliche Länder. Und es herrscht auch kein Krieg hier im Land.
An der Grenze werden wir sehr freundlich begrüßt „Welcome to Iran!“ und sind auch gleich von einer Schar von Frauen und Männer umringt. Wo kommen wir her, wo gehen wir hin, die Menschen sind sehr neugierig und aufgeschlossen. Alle wollen Fotos mit uns machen, uns ihre Telefonnummer und Adresse geben, falls wir vorbeikommen wollen oder Hilfe brauchen. Ein Beamter versucht erfolglos die Leute am Fotografieren zu hindern. Wir haben ein Grinsen auf dem Gesicht, als wir im Dunklen den direkten Weg von der Grenze in die Berge nehmen. So unkompliziert und freundlich haben wir uns unseren Start in den Iran nicht vorgestellt. Es zeigt sich mal wieder, dass das Eigentliche, was ein Land ausmacht, die Menschen sind. Und die Menschen im Iran sind ganz speziell, wie wir noch feststellen werden.
Mit dem Grenzübertritt wandelt sich die Landschaft drastisch. Eine karge, völlig ausgetrocknete Halbwüste mit schroffen Bergen, kargen Felsen und kleineren ausgetrockneten Büschen erwarten uns. Vorbei an kleinen Dörfern mit Lehm- und Steinhütten, ab und zu kleinere grüne Oasen. Hier wird Land- und Viehwirtschaft noch in Handarbeit betrieben. Schafs- und Ziegenherden streifen durch die Landschaft, Männer machen Heu mit Sensen und Sicheln. Überall sind voll bepackte Esel zu sehen, welche das Heu einbringen. Von weitem sehen diese aus wie wandernde Grashaufen. Die kleine Straße windet sich mit teils heftigen Steigungen die Berge hoch. Trotzdem haben wir am Ende des Tages auf einer Strecke von 68 km mit 2109 Höhenmeter einen neuen Tagesrekord aufgestellt und das trotz der vorherrschenden Hitze. Die armenischen Berge haben uns fit gemacht, was Steigungen angeht.
Auf den Weg nach Tabriz verlassen wir die Berge langsam wieder. Die Temperaturen steigen immer weiter, bis ins Unermessliche. Nachdem wir in den letzten Tagen nur wenig bis kaum Verkehr hatten, sind die Kilometer über den Highway nach Tabriz ein echter Schock für uns. Alle fahren kreuz und quer, Verkehrsregeln scheinen nicht zu existieren beziehungsweise keinerlei Beachtung geschenkt zu bekommen. Gefahren wird so lange keiner hupt. Immer wieder stoppen Autos direkt vor uns auf dem Seitenstreifen. Der Fahrstil der Iraner erscheint uns kindlich und unkontrolliert. Es dauert etwas bis wir wieder auf Stadtfahrmodus umgestellt haben. Die erste Nacht zelten wir in einem kleinen Park mitten in der Stadt. Ein etwas ungewohntes Erlebnis für uns, für Iraner jedoch ganz normal.
Wir wollen schon fast wieder aus Tabriz rausfahren, aber uns sprechen so viele Leute an. Zuerst landen wir im Tourismus Zentrum, anschließend zeigt uns Mina, eine Architekturstudentin, die Stadt, und wir werden von Juwelier zu Antiquitätenhändler weitergereicht. Bei einem Teppichhändler treffen wir, wie es der Zufall so will auf Simon, der deutsche Radler, den wir schon in Trabzon und Tatev getroffen hatten. Am Nachmittag sammelt uns dann Mohammed, ein Deutscher mit iranischen Wurzeln, ein. Bei Spiegeleiern und Spinat plaudern wir über das Weltgeschehen und die Rolle des Iran. Von ihm erfahren wir, dass Datteln hier sehr günstig sind, und decken uns gleich mit einem Kilo für rund 1,50€ ein. Genau der richtige Energielieferant für immer hungrige Radler. Am späten Abend besuchen wir noch den bekannten Elgoli Park. Der Park gleicht einem Rummelplatz und ist voll mit Menschen. Wir entdecken auch etliche Zelte, angesichts des Trubels sind wir froh, nicht wie ursprünglich geplant hier zu zelten.
Es dauert ewig bis wir am nächsten Tag aus der Stadt raus sind, zumal wir heftigen Gegenwind haben, es kontinuierlich bergauf geht und starker Verkehr herrscht. Der Verkehr und das ständige Gehupe sind so laut, dass wir es vorziehen mit Kopfhörern zu fahren. Wir haben schon jetzt genug von Autos und LKWs, die neben uns kräftig auf die Hupe drücken, um uns anschließen mit teils akrobatischen Verrenkungen zu begrüßen. Ich weiß ja nicht wie es anderen Radlern so geht, aber ich hab das Gefühl nach der Reise taub zu sein.
Auf der Straße treffen wir Simon wieder und beschließen die nächsten 7 Tage bis Tehran zusammen zu fahren. Zwei Jungs und ein Mädel auf Rädern sind überall die Attraktion. Wenn wir stoppen sind wir sogleich von einer Schar Neugieriger umringt. Autos und Motorräder fahren langsam neben uns her, stellen Fragen oder laden uns ein. Immer wieder werden wir zu einem Fototermin gestoppt oder zum Essen herübergewunken. Die Gastfreundschaft der Türken war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns hier erwartet.
Abends wollen wir in einem Park zelten. Leider haben wir nicht bedacht, dass es Wochenende ist und der Park, der am Nachmittag noch friedlich wirkte, abends nicht wirklich erholsam ist. Es sind so viele Menschen unterwegs, dass wir kaum Ruhe bekommen. Selbst um 1 Uhr rennen hier noch Kinder spielend durch die Gegend, die bei uns schon seit 5 Stunden im Bett liegen würden, Familien picknicken zusammen und Gekreische aus dem naheliegenden Vergnügungspark schallt herüber. Aufgrund der heißen Temperaturen tagsüber spielt sich vieles abends und nachts ab. Morgens sind dann wiederum einige Sportler unterwegs. Ältere Herren in Hemd und Stoffhose joggen durch den Park und Frauen im Chador machen Kraftübungen im Gerätepark.
Mittlerweile müssen wir schon vor 6 Uhr aufstehen, um die Mittagshitze, die es unmöglich macht zu radeln, zu umgehen. Bis zur Mittagspause versuchen wir bereits ¾ des Tagespensums zu erledigen. Die Mittagspause zwischen 12 Uhr und 18 Uhr verbringen wir dann meist in einem Park. Wir ertappen uns immer mehr dabei uns in der Mittagspause soweit es geht zu verstecken. Naja, verstecken ist in einem Land wie dem Iran eigentlich unmöglich. Unzählige Leute kommen vorbei um mit uns zu sprechen und zu schauen ob es uns gut geht oder wir Hilfe brauchen. Eine Einladung nach der anderen müssen wir ablehnen, da es schlichtweg unmöglich ist, wenn wir irgendwann in Tehran ankommen wollen. Eigentlich wollen wir uns nur etwas erholen und ausruhen, was aber schlichtweg nicht möglich ist. Uns ist bewusst, dass die Leute es nur gut mit uns meinen, aber mit der Zeit fällt es uns zunehmend schwer, freundlich zu bleiben und ausführlich auf die gestellten Fragen zu antworten. Wir sind genervt und wollen es doch eigentlich gar nicht sein.
Wir bekommen unzählige Melonen, Pfirsiche, Eis, Nüsse, Brot und vieles mehr geschenkt. Zettel mit irgendwelchen Adressen und Einladungen werden uns zugesteckt. Häufig ist jedoch die Sprache das größte Problem. Wenn auch etliche junge Menschen englisch sprechen, beziehungsweise dabei sind es zu lernen.
Die Temperaturen sind selbst nach 18 Uhr noch so hoch, dass nach wenigen Minuten meine Kehle völlig ausgetrocknet ist und der Wassernachschub keine Linderung verschafft. Verrückt in der heißesten Zeit des Jahres und Temperaturen weit über 40 Grad mit dem Fahrrad hier lang zu fahren.
Mit den Bekleidungsvorschriften, die hier für Frauen gelten, kann ich mich nur langsam anfreunden. Das Haar muss unter einem Kopftuch versteckt werden. Zudem sind lange Hosen und lange Oberbekleidung Pflicht. Lange Sachen sind ein hervorragender Sonnenschutz. Trotzdem würde ich doch gerne selbst entscheiden, was ich tragen möchte und was nicht. Da haben es meine beiden Mitfahrer deutlich einfacher. Simon kann ohne Probleme mit kurzer Radhose fahren und Andi nach Belieben die Mittagshitze im T-Shirt verbringen.
Auf den Straßen sieht man viele Frauen, die ihren Körper und Haare komplett in ein schwarzes Tuch, den sogenannten Chador, einhüllen. An einem Abend in Abhar werde ich von einer Gruppe kichernder religiöser Mädchen in die muslimische Bekleidungskunst eingeführt. In Windeseile wird mein buntes Bufftuch gegen ein konservatives Kopftuch getauscht und ehe ich weiß wie mir geschieht, habe ich auch schon einen Chador über mir. Nicht nur die Frauen haben sichtlich Spaß an der Aktion, auch der Mullah lässt gerne ein Foto mit sich machen. Für mich ist es jedoch sehr befremdlich. Immerhin, wer kann schon von sich behaupten, mit einem Chador in der Radtasche durch die Gegend zu fahren. Wieder eine Erfahrung reicher.
Ich genieße es, das Rollenbild der Iraner auf den Kopf zu stellen indem die beiden Jungs kochen, abwaschen und Wäsche waschen. Das sorgt für Gesprächsstoff bei den älteren Herren, welche hier mit ihren Gebetskettchen spielend in den Parks rum sitzen. Auch die Frauen schauen nicht schlecht, sind sie doch hier für das Wohl der Familie zuständig und der Mann fürs Geld verdienen.
Tehran empfängt uns dann wieder wie jede andere Großstadt. Laut und stressig. Den Verkehr empfinden wir jedoch bei weiten nicht so schlimm wie in Istanbul. Vor allem die vielen Motorräder, die keinerlei Vorschriften beachten, stellen aber ein Risiko da. Da wir mit den Rädern uns nicht wie üblich zur Mittagszeit in einen Park setzen dürfen, bleiben wir außerhalb. Prompt bekommen wir von einer Frau und ihrer Tochter Essen für die nächsten Tage geschenkt. Unglaublich so etwas!!
Der Visamarathon kann beginnen! Die Visa für Usbekistan, Turkmenistan und China müssen wir in Tehran beantragen.
Morgens auf der usbekischen Botschaft werden wir freundlich begrüßt. Unsere Unterlagen inklusive Letter of Invitation sind alle vollständig und keine 15 min später haben wir das Visum im Pass. Das ging ja einfach. Jetzt kommt der schwierige Teil mit dem turkmenischen Transitvisum, bei dem so viele Traveller aus nicht nachvollziehbaren Gründen abgelehnt werden. Die Beantragung verläuft ohne Probleme und uns wird versichert, dass wir es wie geplant kurz vor der turkmenischen Grenze in Mashhad abholen können. Wir hoffen mal, dass alles klappt.
Auf der chinesischen Botschaft erfolgt dann der Supergau. Wie wir erst nach der Visa Beantragung erfahren, hat die Botschaft in der Woche als wir in Tehran angekommen sind, ihre Visapolitik geändert und stellt nur noch Visas mit 30 Tage Einreisezeit und 30 Tage Aufenthaltsdauer aus. Für uns als Radreisende ein Ding der Unmöglichkeit. Innerhalb von 30 Tagen zur chinesischen Grenze zu kommen ist einfach nicht machbar. Wir treffen ein belgisches Radlerpärchen, welches nur ein 30-30 Tage Visum bekommen hat, dass somit unbrauchbar ist. Wir fragen nochmal nach und der Beamte flippt völlig aus, als wir die von ihm versprochene Einreisezeit von 90 Tagen bestätigt haben wollen. Wir bekommen alle Unterlagen wieder zurück. Alles Geld umsonst ausgegeben ohne Aussicht es wieder zu bekommen. Wahrscheinlich hätten wir aber eh nur ein 30-30 Tage Visum bekommen. So gibt es für uns gar kein Chinavisum in Tehran. Und für alle anderen Reisenden auch nicht.
Wir nutzen die nächste Woche und machen erst einmal Urlaub vom Radalltag, versuchen die Katastrophe mit dem Chinavisum zu verarbeiten und planen wie es jetzt weitergehen soll. Fliegen? Es wo anders probieren? Auf einmal steht alles auf der Kippe. Aber wir bleiben optimistisch, mit Sicherheit findet sich eine Lösung.
Unterwegs bis Tehran 110 Tage und 6941 km