Der Beginn der Regenzeit steht vor der Tür und Guatemala lässt uns nass aussehen. Wir nutzen die Zeit zum Spanisch lernen, immer hin wollen wir etwas mehr von Land und Leuten erfahren. Doch wie soll es weiter gehen? Wir treffen eine weitreichende Entscheidung und machen uns auf den Weg nach Guatemala City.
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The beginning of the rainy season is upon us and Guatemala makes us look wet. We use the time to learn Spanish, anyway we always want to learn more about the country and the people. But how should we continue? We come to a far-reaching decision and make our way to Guatemala City.
Der Grenzübergang von Mexiko nach Guatemala war wiedereinmal unkompliziert und zügig. Doch viel zu viele Menschen die hier an der Grenze ihre Geschäfte abwickeln, Waren von A nach B transportieren oder einfach nur herumlungern. Wir fühlen uns unwohl. Stempel in den Pass und nichts wie weg. Die guatemalischen Straßen sind deutlich enger, als zuletzt in Mexiko. Kein Seitenstreifen mehr, dafür weniger Verkehr. In Malacatán sitzen wir bei Regen vor dem Supermarkt und warten bis es aufhört. Ein Mann kommt vorbei und will uns 2 Quetzal, Währung hier, in die Hand drücken, so bemitleidenswert sehen wir also aus.
Wir klettern weiter den Nachmittag bei tropisch feuchten Klima. Wo kein dichter Dschungel ist befinden sich Häuser oder Felder. Die all abendliche Zeltplatzsuche gestaltet sich schwieriger als erhofft. Wir versuchen uns durch zu fragen, leider ohne Erfolg. Wir wollen gerade weiter, als Manuel vor uns stoppt. Wir können nicht weiter fahren, oben in den Bergen ist es kalt und außerdem gleich dunkel einen Platz fürs Zelten werden wir dort nicht finden. Er lotst uns zurück zu seinem 3 km entfernten Haus. Die Rasenfläche hinter seinem Restaurant eignet sich perfekt zum zelten, doch wir werden von der Familie eingeladen im Haus zu übernachten. Wie sich im laufe des abends herausstellt, war unsere Radelfreundin Christina, die wir im Norden der USA getroffen haben auch hier zu Gast. Zufälle gibt es.
Es geht den ganzen Tag bergauf. Die Luftfeuchtigkeit ist so hoch, dass wir nach wenigen Sekunden auf dem Rad bereits klitschnass geschwitzt sind. Was vom schwitzen noch trocken geblieben ist, macht der Regen wenig später nass. Die Regenzeit hat begonnen. Täglich gibt es jetzt starken Platzregen, der die Straßen unter Wasser setzt. Nicht immer finden wir rechtzeitig etwas zum unterstellen.
Im kleinen Ort San Cristóbal Totonicapán sind wir mit Carl verabredet. Auf den letzten Kilometern durch Quetzaltenango erwischt uns ein Regen schauer und wir stehen pitschnass vor seiner Tür. Carl ist ursprünglich US-Amerikaner, jedoch schon lange in Guatemala zuhause. Trotz fortgeschritten Alter ist er unheimlich aktiv und täglich auf seinem Mountainbike unterwegs oder besteigt die umliegenden Vulkane. Wir dürfen in seinem Pavillon, außerhalb der Stadt übernachten. So lange wie wir wollen...
Eigentlich war unser Plan in Quetzaltenango eine Sprachschule zu besuchen, um an unserem holprigen Spanischkenntnissen zu arbeiten. Doch Carl hat da eine ganz andere Idee für uns. Anstatt die Zeit im teuren und hässlichen Quetzaltenango zu verbringen sollen wir bei ihm im Pavillon bleiben und organisiert jemanden für uns zum lernen. Carl unterstützt indigenen Mädchen auf dem Weg zur Universität. Für zwei Wochen treffen wir uns jetzt jeden morgen für vier Stunden mit Sandra und konjugieren Verben in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Sprechen über Essen, Familie und vieles mehr. Nachmittags wiederholen wir dann das gelernte noch einmal.
Carl ist passionierter Gärtner. In seinem riesigen Gemüsegarten herrscht Hochsaison. Wir dürfen uns mit Salat, Rote Beete, Karotten, Tomaten, Auberginen, Kräutern und alles mögliche eindecken. Zusammen mit Carl gehen wir Mountainbiken, besteigen seinen Haus Vulkan, pflanzen Bäume und vieles mehr.
Doch wie soll es weiter gehen? Wollen wir hoch in den Norden von Guatemala zu den Maya-Ruinen von Tikal und einen Abstecher nach Belize machen oder doch weiter südlich über El Salvador, Honduras und Nicaragua nach Costa Rica und Panama. Die aktuelle Lage in Nicaragua ist schwer einzuschätzen und kann sich jederzeit ändern. Dann ist da noch die Regenzeit, die gerade erst begonnen hat und uns somit durch gesamt Zentralamerika begleiten wird.
Das Wetter ist leider äußerst mürrisch, nicht die beste Voraussetzung für Vulkanbesteigungen oder Off-Road Abenteuer. Zudem ist Zentalamerika deutlich dichter besiedelt, als uns eigentlich lieb ist. Ganz so einfach fällt mir die Entscheidung dann doch nicht, doch schlussendlich ist es das einzig Logische und wir entscheiden uns dafür von Guatemala City nach Kolumbien zu fliegen.
Eine Wochen bleiben uns noch in Guatemala bevor der Flug geht. Nicht viel Zeit zum trödeln, aber in einen guatemalischen "Chicken Bus", wie die ausrangierten, bunt angemalten US-Schulbusse genannt werden, bringt mich keiner. Die Fahrer fahren wie die bekloppten. Ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist mit den Bussen die Straße zu teilen oder im Bus zu sitzen.
Von Quetzaltenango aus geht es zum Lago de Atitlán und über den See mit dem Boot. Das Wetter ist deutlich besser als zuletzt, aber trotzdem fängt es am Nachmittag zwangsläufig an zu regnen.
Guatemala ist unheimlich bunt ob Busse oder Kleidung. Die Frauen tragen überwiegend die traditionellen gewebten Tücher um die Hüften sowie handbestickte Blusen und bewahren somit etwas Tradition. Männer hingegen laufen wie überall anders auf der Welt in Turnschuhen, Jeans und Sweatshirt herum.
Antigua, Alt-Guatemala, ist ein starker Kontrast zu dem bis jetzt erlebten Leben auf dem Land. Gepflegte Häuser und Kopfsteinpflaster anstatt Wellblechhütten und Schlaglöcher. Der Großteil der Bevölkerung in Guatemala ist arm, sehr arm. Die meisten Menschen leben als Selbstversorger auf dem Land. Doch die Fläche ist begrenzt und viele Menschen zieht es an die fruchtbaren Hänge der Vulkane. Guatemala ist Erdbebengebiet und gleichzeitig durchzogen von Vulkanen. Kurz vor Antigua kommen wir am Vulkan Fuego vorbei, der vor wenigen Tagen ausgebrochen ist und hunderte Menschen in den Tod gerissen hat. In Quetzaltenango haben wir von alledem nichts mit bekommen, doch selbst in Antigua ist Vulkanasche auf den Straßen zu finden.
Auf den letzten Kilometer von Antigua nach Guatemala City machen wir noch einmal Bekanntschaft mit den unberechenbaren Steigungen für die Guatemala so bekannt und berüchtigt ist bei Radfahrern. Die Straßenbauer sind schmerzfrei was Steigungen angeht und die Autofahrer ebenfalls. Im oberen Stück wird die Straße so steil, dass wir bei 25%+ Steigung schieben müssen.
Großstädte sind mir nicht geheuer und bei Guatemala City habe ich wirklich ein mulmiges Gefühl. Welcher Stadtteil ist sicher zu radeln? Kleinere Straßen oder doch lieber auf der großen, aber vielbefahrenen Hauptstraße bleiben? Das Internet ist voller Horrorstorries über Guatemala City und ich hätte besser erst gar nicht rein schauen sollen. Am Ende ist es halb so wild, wir haben frühen Nachmittag und nehmen die Hauptstraße immerhin geht es fast ausschließlich bergab und der Verkehr ist überschaubar. Warmshowershost Jaime erwartet uns bereits in seinem Hochsicherheits-Apartment in den Wolken über Guatemala City. Kein schlechter Platz um den Feierabend in der Millionenmetropole zu genießen.
Am nächsten Morgen fahren wir mit den Rädern und Fahrradkartons zum Flughafen. Das Packen dauert zwei Stunden, dann steht alles bereit zum einchecken. Doch Coppa Airlines macht es uns nicht einfach. Warum wir fast unseren Flug verpasst haben erfahrt ihr im nächsten Bericht.
Unterwegs bis Guatemala Stadt 38.215 km und 815 Tage
geschrieben von Steffi