
Cordillera Blanca - Huayhuash Berge - Ende Oktober sind wir in der bei Outdoor Enthusiasten beliebte Gegend unterwegs gewesen. Jede Menge Bilder von einer atemberaubenden Landschaft umgeben von schneebedeckten Gipfeln, Gletschern und türkisblauen Bergseen, mit einem Wechselspiel aus dunklen Wolken und blauen Himmel, Sonne und Regen. Eine Landschaft die am besten mit einem 'Wooh!' zu beschreiben ist. Andi versetzt mir einen riesen Schreck und wir landen auf einem Eselpfad. Außerdem treffen wir eine Entscheidung die unsere Reise und ihren Verlauf stark verändert. Viel Spaß damit.
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Cordillera Blanca - Huayhuash Mountains - At the end of October, we were out in an area popular with outdoor enthusiasts. Lots of pictures of a breathtaking landscape surrounded by snow capped peaks, glaciers and turquoise lagunas, with an interplay of dark clouds and blue skies, sun and rain. A landscape that is to describe best with a 'Wooh!'. Andi gives me a big shock and we end up on a donkey path. We also make a decision that greatly changes our journey and its course. Have fun with it.
Es herrscht Stromausfall in Caraz. Wir wussten gar nicht, wie ruhig peruanische Städte sein können, vor allem an einem Sonntag. Immerhin das übliche Orchester am Morgen zieht auch ohne Strom durch die Straßen, die Kirche stellt kurzerhand einen Trommler ein, nur Eiscreme gibt es keine in der Kühlung und auch nicht die nächsten Tage.
Die Berge der Cordillera Blanca liegen in Reichweite. Von Caraz aus machen wir uns auf den Weg über den bei Radlern beliebten Huascarán Circuit. Eine
Schleife die gleich zweimal die Bergkette überquert und somit ein beeindruckendes Panorama verspricht.
„Hoffentlich hält das Wetter", denken wir uns nur, als am Abend ein paar Tropfen herunterkommen.
Noch bevor es überhaupt hell wird packen wir unsere Sachen zusammen und fahren die ersten Kilometer im Nationalpark, bis es langsam hell wird. Wir wollen, noch bevor die ersten Busse aus Huaraz ankommen, rauf zur Laguna 69, einer beliebten Wanderung zu einem tief Türkisen Gletschersee eingerahmt von schneebedeckten Gipfeln. Der Weg zur Laguna ist steil. Wir verstecken unsere Räder nach kurzer Zeit hinter Felsen und gehen zu Fuß weiter. Es ist noch frisch und die Sicht wechselt ständig, Wolken kommen und gehen. Nicht nur die Laguna an sich, sondern das gesamte drum herum ist absolut sehenswert. Zu unserer Freude sehen wir ein Viscacha, ein Nagetier, das so aussieht wie eine Kreuzung aus Kaninchen und Eichhörnchen.
Wir sind nicht die Ersten an der Laguna, sondern treffen neben einem deutschen Pärchen samt Führer noch auf einen weiteren Radler, der in Richtung Norden unterwegs ist. Auf dem
Rückweg quälen sich immer mehr Leute den steilen Pfad zur Laguna hinauf. Die meisten offensichtlich nicht akklimatisiere und am Limit ihrer Kräfte. Ich bin froh, dass wir mit den Rädern nur
langsam vorankommen, ansonsten würde ich wahrscheinlich auch schnaufend wie eine Dampflok hier hinauf laufen. Es ist sehr beliebt morgens in Huaraz in den Bus zu steigen und hier herauf zu
fahren. Hoffentlich hat der Guide ausreichend Sauerstoffflaschen dabei. Während Huaraz schon auf 3100 Meter Höhe liegt, liegt die Laguna noch einmal 1500 m höher!
Von der Laguna Llanganuco fahren wir Serpentine für Serpentine bis zum Pass, Portachuelo de Llanganuco, hinauf auf 4715 mh. Die Straße ist übersät mit Schlaglöchern. Ein Argentinier kommt uns mit seinem Rad entgegen. Er ist vollkommen entnervt und nur am Fluchen. Er hat nicht gewusst, dass diese Seite unasphaltiert ist und will so schnell wie möglich wieder auf Asphalt. Wir genießen die nahezu autofreie Kletterpartie in den Sonnenuntergang.
In der Hoffnung auf gutes Wetter am Morgen und eine klare Sicht auf die umliegenden Berggipfel schlagen wir unser Zelt am höchsten Punkt neben der Straße auf. Die richtige Entscheidung, denn
der Morgen beschert uns einen atemberaubenden Blick auf die umliegenden 5000er und 6000er, den 6768 m hohen Huascarán zu unserer Rechten und den 6395 hohen Huandoy zur
Linken. Ich kann verstehen, warum die Gegend bei Peru Urlaubern schon lange kein Geheimtipp mehr ist, da ist es schade, dass das Eintrittsgeld für den Nationalpark offensichtlich nicht für die
Instandhaltung und Schutz des Parks verwendet wird.
Nach einem nassen und matschigen Tag von Yanama nach Chacas, füllen wir in Chacas unsere Essensvorräte auf und futtern Kuchen. Der Anstieg zum zweiten Pass steht an. Die Straße ist asphaltiert und im klasse Zustand, trotzdem kommen wir nur langsam voran. Ich fühle mich miserabel. Ist es die Höhe oder das Essen? Im Schneckentempo schaffen wir es rauf bis zum Tunnel. Die neue Straße geht hier durch einen 1,3 km langen Tunnel, bergauf und ohne Seitenstreifen. „Nein, danke", sagen wir uns nehmen lieber die alte Passstraße, wo wir unser Zelt oberhalb einer Laguna aufbauen. Wieder eine Nacht in den Wolken auf 4700 mh, doch am nächsten Tag bin ich wieder fit. Die alte Passstraße zum Punta Olímpica ist voller Geröll, weshalb ein paarmal schieben angesagt ist, oben auf dem Pass sogar durch etwas Schnee.
Der Ort Huaraz liegt 8 Stunden Bussfahrt von Lima entfernt und ist Ausgangspunkt vieler Reisenden um die Gegend um den Huascaran Nationalpark, sowie Huayhuash zu erkunden. Die Stadt ansich hat nichts touristisch anziehendes zu bieten, es sind die Berge außenherum. Wandern, Mountainbiken oder Klettern, Huaraz gilt als Basislager und Versorgungspunkt für Bergsportbegeisterte und Touren aller Art.
Für uns ist Huaraz ein lang ersehnter Versorgungspunkt an dem wir ein paar Tage Pause machen und unsere Energiereserven auffüllen. Außerdem können wir endlich unsere seit drei Monaten kaputten Schlafmatten austauschen. Diesesmal war es sehr nervenaufreibend Ersatz zugeschickt zu bekommen und wir sind froh nicht mehr auf einer riesigen Blase schlafen zu müssen.
Ab jetzt heißt es früh aufstehen, nicht selten sitzen wir vor 6 Uhr bereits auf den Rädern, denn am Nachmittag regnet es immer häufiger. Hin und wieder schlagen wir bereits um 16 Uhr unser Zelt auf, wenn sich am Nachmittag dunkle Gewitterwolken ankündigen. Manchmal macht es einfach keinen Sinn weiter zu fahren, um dann pitschnass und ausgekühlt zu sein.
Wir verlassen Huaraz in Richtung Süden. Von der asphaltierten Hauptstraße biegen wir auf eine Schotterstraße ab, die hinauf zum Glacier Pastoruri führt. Etliche Minibusse kommen uns entgegen die auf dem Rückweg vom Glacier sind. Hinter dem Parkeingang, der nicht besetzt ist, tauchen die ersten Puya Raimondii am Straßenrand auf. Diese Riesenbromelien, die an einen bis zu 12 m hohen Zahnstocher erinnern wachsen nur auf einer Höhe von 3500 bis 4000 m und blühen nur ein einziges Mal in ihrem Leben. Sie werden bis zu 100 Jahre alt und sterben langsam nach der Blüte. Zuviel Energie verbraucht die Pflanze in dieser rauen Umgebung, um tausende von Blüten wachsen zu lassen. Ein bisschen weiter geht es zum nächsten beliebten Ziel für Tagesausflüge von Huaraz aus.
Die Gegend ist so spannend und detailreich, dass wir gar nicht bis zum Fuß des Glacier fahren. Der Gletscher, der einst ein beliebtes Skigebiet war, ist so stark geschrumpft, dass er in wenigen Jahren wohl ganz verschwunden sein wird. Wir genießen die vielen kleineren Gletscher entlang unserer Straße und haben das Gefühl nichts verpasst zu haben. Den Rest des Tages sehen wir nur ein weiteres Auto, im Vergleich zu den vielen Minibussen die wir bis zum Abzweig zum Gletscher gesehen haben, ein großer Unterschied.
Asphalt und eine lange Abfahrt vorbei an Bergwerken bringen uns nach Huallanca. Von Huallanca aus geht es eine Schotterstraße hinauf bis zu einem Abzweig.
Ein Schild macht uns darauf aufmerksam, dass hier eine Straße gebaut wird. Im Moment ist es noch ein kleiner steiniger Eselpfad. Der Ausbau ist sicherlich gut für die Region, da die Einheimischen sonst riesige Umwege fahren müssen. Wahrscheinlich dient die Straße aber als Zugang für weitere Bergwerke. Die Arbeiten haben erst begonnen und es wird noch einige Monate dauern, bis hier einen neue Schotterstraße entsteht. Wir warten kurz bis die Männer Feierabend machen und wir am Bagger vorbeikönnen. Keiner ist verwundert über uns beiden hier im Matsch stehenden Radler. Ob der Weg denn machbar ist, frage ich. Kein Problem heißt es, aber wir müssen schieben. Eine Frau mit ihren zwei Jungs kommt auf Pferden angeritten. Sie waren in der Stadt wichtige Baumaterialien einkaufen und sind auf dem Rückweg zu ihrer Hütte, an der wir wenig später vorbeikommen und ein paar Worte wechseln.
Auch, wenn es heute mal ausnahmsweise nicht regnet, ist der Untergrund ziemlich rutschig. Ein falscher Schritt und ich sehe, wie Andi vor mir den steilen Abhang mit samt dem Rad hinunterrutscht. Ein Glück ist nichts weiter passiert, außer ein paar schrammen, eine abgerissene Tasche und verbogenen Teilen. Wir belassen es am heutigen Tag dabei und bauen das Zelt auf. Eine Gruppe Arbeiter kommt am späten Abend vorbei, sie haben an der Vermessung und Markierung der zukünftigen Straße gearbeitet.
Die rund 7 km Singeltrack und der feuchte Untergrund machen es schwierig für uns zu fahren und wir müssen die meiste Zeit schieben, außerdem macht Steffis Hinterradnabe Geräusche. Wir entschließen uns die Nabe zu zerlegen und zu überprüfen. Wie sich herausstellt, ist eine der Kugeln des Lagers geplatzt. Ein kleines Technik-Video davon gibt es auf Youtube zu sehen.
Die Cordillera Huayhuash ist wie auch die Cordillera Blanca beliebt bei Wander, Mountainbiker und Kletterer. Nach unserem kleinen Eselpfad Abenteuer folgen wir auf kleinen Schotterstraßen der Ostflanke der Cordillera. Wir hatten noch überlegt eine direktere Route durch die Berge zu nehmen, uns dann aufgrund des unbeständigen Wetters und der Zeit dagegen entschieden. Eins steht fest hierher müssen wir noch einmal zurückkommen, mit einem anderen Rad, weniger Gepäck und außerhalb der Regenzeit.
An der Laguna Patarcocha stoßen wir auf eine Gruppe Schüler und Lehrer der örtlichen Abschlussklasse die sich für ein Klassenfoto hier getroffen haben. Die Lehrer wirken alle etwas steif und verloren in ihren Anzügen. Lustigerweise haben wir einen der Herren gestern geholfen seinen Reifen am Motorroller aufzupumpen, das war 90 km entfernt. Sei stets freundlich, lächle und winke, man sieht sich immer zweimal, lautet mein Motto.
Der letzte Anstieg vor Oyon fürt über Mina Raura, mitten durch das Bergwerk. Es ist wirklich traurig zu sehen, wie diese schöne Gegend umgegraben wird, und alles nur wegen uns. Doch wer will schon heute auf Smartphone und Computer verzichten, der Hunger danach ist groß. Doch für die Peruaner die hier leben und arbeiten bleibt nicht viel übrig.
Das kleine Bergarbeiterdorf Oyon, ist nicht wirklich einladend zum Pause machen, aber wahrscheinlich ist es das letzte Mal, dass wir für die nächsten Wochen Internet haben.
Unsere Gedanken gehen hin und her. Immer wieder wägen wir ab und treffen schlussendlich eine Entscheidung. Peru ist auf unserer Reise das vorerst letzte Land in Südamerika. Wir werden nicht weiter bis nach Tiera del Fuego fahren, wie zu Beginn irgendwann einmal geplant war. Zwar war die Idee nach erreichen Asiens von Alaska nach Patagonien zu radeln, doch beweisen müssen wir keinem etwas. Unser Reisestiel hat sich viel zu sehr verändert. Lieber verbringen wir mehr Zeit in Gegenden die uns gut gefallen, als von unserem Plan weiter gescheucht zu werden, außerdem Patagonien läuft uns nicht weg. Auch wenn wir gerne noch in Bolivien auf den Salzseen unterwegs sein wollten, sowie den Weg rauf zum Uturuncu radeln wollten haben wir uns dagegen entschieden. In der Regenzeit ist das eh nicht möglich. Weihnachten geht es von Lima nach Anchorage. Wir haben das Internet in Oyon genutzt und einen Flug gebucht. Ja, Alaska lässt uns einfach nicht los und dieses Mal haben wir unsere Räder mit dabei :-)
Bis zu unserm Flug bleiben uns noch 1,5 Monate. Wir wollen versuchen, ob wir es bis nach Arequipa schaffen, abseits großer Straßen, was in Peru eine Leichtigkeit ist. Ab Oyon folgen wir der Peru`s Great Divide, eine Bikepacking Route durch die peruanischen Anden. Beim nächsten Mal gibt es mehr von peruanischen Schotterpisten, Bergpässen und vielen Kilometern über 4000 m Höhe, das Ganze während der Regenzeit.
Unterwegs Ende Oktober bis Oyon 42.809 km und 949 Tage
geschrieben von Steffi
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VeloRudiX (Mittwoch, 01 Mai 2019 19:56)
Hi Ihr beiden,
wie immer toller Bericht, faszinierende Fotos und Landschaften. Muss sehr anstrengend sein in diesen Höhen zu radeln und zu schieben und bei dieser nassen Kälte im Zelt zu übernachten ;-))
Freue mich schon auf den Bericht "zum Polarkreis" und wie das Material und die "Veloträumer" dies alles überstehen.
Viele Grüße aus Germany,
der VeloRudiX
Steffi & Andi Ride-Worldwide (Mittwoch, 01 Mai 2019 20:48)
Hey VeloRudiX,
Danke. Klar es ist sehr anstrengend ab etwa 3500mh zu radeln aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran. Mit der nassen Kälte hast du recht. Das ist manchmal echt zermürbend und macht nicht wirklich Spaß, glücklicherweise gibt es auch immer wieder Sonnenschein ;-)
Der Bericht zum Polarkreis wird definitiv spannend. Es war der Hammer. Morgen Radeln wir aber erst nochmal ein bisschen und dann wird wieder geschrieben.
Ein paar Reviews zum Material stehen auch noch aus.
Viele Grüße aus Alaska
Steffi & Andi
Marcel & Christina (Dienstag, 07 Mai 2019 12:59)
Hallo Ihr beiden!!!!
Weiter so...
Wir verfolgen Euch !!!
nach 426 Tagen sind wir vor rund 2 Wochen von unserer Radweltreise in unsere Heimat zurückgekehrt. ( www.2Rad-Mobilität.de )
Schön zu sehen das Ihr immer noch unterwegs seid.
Liebe Grüße