
Der zweite Teil der Baja Divide folgt kurz nach Weihnachten. Ausgeruht geht es weiter wie zuvor über die Nebenrouten der Baja California. Staubig, steinig, stachelig... aber dichter besiedelt, als zuletzt der Norden. Eine Welle von Platten verfolgt uns auf dem Weg nach La Paz. Die Zeit läuft! Wir vermissen den Weg schon bevor wir ihn abgeschlossen haben, aber wir müssen weiter.
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The second part of the Baja Divide followed after Christmas. Rested we continued the back roads onwards as before. Dusty, rocky, prickly...But more densely populated as at least the north. A
wave of flat tires chased us on the way to La Paz as well as the time. We already missed this trail before we had finished it, but we have to continue.
Die Weihnachtsfeiertage sind vorbei von Bahía de los Ángeles aus erwartet uns ein gutes Stück Arbeit. Die Strecke ist abschnittsweise sehr sandig und übersät mit Waschbrettern. Immer wieder müssen wir schieben. Vor allem Holger hat mit seinem viel zu schwer beladenen Rad zu kämpfen. Wir kommen langsamer voran als gedacht, nicht nur wegen der Strecke, vielmehr weil wir uns viel zu erzählen haben. Gleich drei verrückte deutsche Radler schieben ihre Schlachtschiffe durch den Sand, ein breites Grinsen im Gesicht, sichtlich ausgeglichen und gelassen. Eigenschaften, welche essentiell für Strecken wie diese sind. Kein Wunder, dass uns Autofahrer schon mal komisch anschauen.
Viel gibt es nicht hier draußen. Ein Zwischenstopp bei Panchos Beach kommt da genau richtig. Pancho ist ein Trinker mit gutem Herz der täglich Besuch von Motorradfahrern oder eben Radlern bekommt, die ihm etwas Gesellschaft in der Einöde hier draußen leisten. Nach einem Bier, einer Asia-Nudelsuppe und dem Abschuss zwei verfrühter Feuerwerkskörper überlassen wir Pancho wieder der Gesellschaft seiner Rumflasche und sind zurück auf der Waschbrettpiste.
Zeltmöglichkeiten gibt es auf der Baja zu haufen, ein Grund warum es uns hier so gut gefällt. Die all abendliche Zeltplatzsuche ist dabei durchaus eine stachelige Angelegenheit. Leider geht es nicht immer pannenfrei vor sich, den Weg durch all die Kakteen zu bahnen. Bevor wir das Zelt irgendwo aufstellen, suchen wir den Boden zuvor gründlich nach Stacheln ab. Keiner von uns möchte die Nacht auf einer platten Schlafmatte verbringen. Wir sind schon genug mit Flicken beschäftigt, da die Pannenmilch für unsere Reifen, die wir in Tecate besorgt haben doch nicht mit Schläuchen funktioniert und wir schlussendlich das ganze Zeug im Reifen kleben haben. Leider ist der Pannenschutz unseres Schwalbe Smart Sam Vorderradreifen so miserabel, dass selbst der kleinste Stachel durchkommt. Wenn das so weiter geht gehen uns die Flicken noch vor La Paz aus.
Silvester verbringen wir ganz unspektakulär am Ende einer illegalen Müllhalde, zwischen Kakteen. In der Ferne spielen Tuba und Akkordeon die halbe Nacht durch. "Humpa! Humpa! Humpa!" Mexikanische Volksmusik, die dem bayrischen Verwandten zum Verwechseln ähnlich klingt, gibt es an jeder Straßenecke und zu jeder Tageszeit. Um 12 Uhr schießen ein paar Böller in die Luft, wir sind aber bereits im Tiefschlaf. Die Anstrengungen der letzten Tage sind spürbar. Wir entscheiden uns gegen eine äußerst sandige Passage und fahren dafür viele Kilometer Umweg.
Die letzten Kilometer nach San Ignacio geht es über den Highway 1. Hier kommen wir in der Casa del Ciclista unter, eine Art Radler Hostel oder in diesem Fall ein Zeltplatz für Radler. Ein Vorgeschmack auf Südamerika wo es einige solcher Casa del Ciclista geben soll. Wir freuen uns riesig über eine Dusche und frisch gewaschene Wäsche nach all dem Staub der letzten Tage. Außerdem endlich mal Wifi satt, die Mobilfunkabdeckung auf der Baja Peninsula ist so schlecht, dass wir mehr oder weniger die gesamte Zeit offline waren, was auch mal was Gutes hatte. Jetzt brauchen wir aber Internet. Unser Flug nach Alaska muss gebucht werden. Ja, wir haben uns schlussendlich dazu entschieden das Angebot von Elaine anzunehmen, dass sie uns letztes Frühjahr gemacht hat und den Winter in Alaska zu verbringen. Dieses Abenteuer können wir uns nicht entgehen lassen. Eine Woche verbringen wir in der Casa del Ciclista mit Ausrüstung reparieren, Bilder sortieren, Blog schreiben, Flug buchen und Essen, bevor es weiter geht.
Das Datum steht, der Flug ist gebucht, in 14 Tagen geht es nach Alaska. Bis dahin müssen wir es bis nach La Paz schaffen.
In der Bucht von San Ignacio entdecken wir ein paar Schilder zum Wale beobachten. Jetzt ist eigentlich die Zeit wo die ersten Wale ihren Weg in die Bucht bahnen, doch noch sollen keine angekommen sein. Wir haben weder Lust noch Zeit zu warten, immer hin haben wir Delfine gesehen, das ist ja auch was.
Die Räder rollen auf der kompakten Masse der Salzwüste wie auf Asphalt, nur die sandigen Verbindungsstücke bremsen uns immer wieder runter. Da die Zeit drängt nehmen wir eine etwas andere Strecke, als die Divide. Doch zurück auf Asphalt scheint jemand den Stecker gezogen zu haben. Es herrscht schlechte Laune und keine Motivation mehr. Am Ende siegt das Teufelchen und wir finden den Weg für einen kurzen Abstecher zurück in die Berge.
Im Süden der Baja California gibt es jetzt immer wieder kleine Bäche die wir kreuzen müssen. Dort wo es genügend Wasser gibt, befinden sich neben Kakteen auch Dattelpalmen und Orangen Heine dazwischen bleibt es staubig und trocken.
Es ist Winter für die Menschen auf der Baja. Tagsüber herrscht Backofenhitze, doch abends können die Temperaturen schnell in den einstelligen Bereich abrutschen. "Mucho frio", wie wir von den Einheimischen immer wieder hören ist es dann aber doch nicht, vielmehr eine angenehme Abkühlung.
Die Gegend ist deutlich dichter besiedelt als weiter nördlich. Kleine Dörfer oder Farmen folgen entlang der Schotterpisten. Felsformationen in unterschiedlichen Farben machen die Gegend umso spannender.
Ein letzter langer Anstieg bevor es steil hinunter zur Küste geht. Kein Wunder, das uns hier keine Autos entgegen kommen. Der Weg ist ziemlich verblockt, große Steine zum Teil so groß wie Honigmelonen und loses Geröll wechseln sich ab.
An der Küste entlang wird es nochmal sandig, was uns nicht mehr wirklich stört. Wir wissen, dass es die letzten Kilometer per Rad sind. In meinen Gedanken lasse ich die Strecke Review passieren, fast schon etwas traurig, dass wir am Ende angekommen sind. Nein, es erwartet uns nicht das Ende der Reise, sondern nur eine Unterbrechung oder vielmehr ein neues Abenteuer.
Im Bergwerkort San Juan de la Costa ist endgültig Schluss mit Sand, Dirt oder Schotterpisten. Schluss mit steilen Bergen, Schiebepassagen über Kindskopf große Steine und Waschbrettern das die Zähne klappern. Die letzten Kilometer bis nach La Paz sind über Asphalt. Sieben Wochen waren wir von der US-Grenze bei Tecate bis nach La Paz unterwegs, überwiegend abseits der Straße. Wir haben uns zwar nicht stur an die Baja Divide Route gehalten, aber den größten Teil darauf zurück gelegt. Der Trail hat uns immer wieder an unsere Grenzen gebracht. Nicht nur körperlich, sondern vor allem fahr technisch haben wir die Grenze des für uns machbaren täglich aufs Neue überschritten. Auch wenn es täglich ein Kampf zwischen Begeisterung, Frustration und körperlichen Limit war, bereuen wir keinen einzigen Kilometer der letzten Wochen. Wir hatten damit gerechnet deutlich weniger fahren zu können, als wir am Ende konnten. Doch jetzt braucht der Körper eine Pause.
In La Paz kommen wir bei Tuly unter. Die gute Seele von La Paz, Warmshowers-Host und innerhalb der Radfahrergemeinde ziemlich bekannt. Wir sind nicht die einzigen Radler, die sich hier tummeln, kommen und gehen. Leider sind wir etwas im Stress. Die Stadt müssen wir anschauen wenn wir aus Alaska wieder zurück kommen, unser Flug wartet nicht. Die Räder und einiges an Ausrüstung lassen wir in La Paz zurück und nehmen nur mit was wir brauchen könnten. Mit dem Bus geht es nach San José del Cabo, wo wir die Nacht vor dem Flughafengebäude verbringen, was wegen der freundlichen Security kein Problem ist. Am nächsten Morgen sitzen wir im Flieger nach Alaska. Ein komplett neues Abenteuer wartet auf uns, diesmal ohne Räder.


Dieser Blog ist in Erinnerung an Holger Franz, ein toller Radler und Freund. Holger wurde April 2018 in Mexiko ermordet.
Sowie du viele Menschen bewegt hast, hast du auch uns bewegt. Du wirst immer in unseren Herzen mit uns radeln. R.I.P
Unterwegs bis La Paz 34.648 km und 658 Tage
geschrieben von Steffi
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Nicole M. (Dienstag, 29 Mai 2018 10:23)
Vielen lieben Dank für einen weiteren, wundervollen Artikel. Ich wünsche Euch viel
Spaß in Alaska und genug Ausdauer ohne Räder ;)
Viele liebe Grüße aus dem Backofen Viernheim :)
Nicole
Werner (Sonntag, 17 Juni 2018 10:22)
So, heute Deutschland gegen Mexiko. Vielleicht findet ihr ein TV-Gerät.