
Rückblick auf unseren letzten Monat in den unteren 48 Staaten der USA, bevor wir über die mexikanische Grenze verschwunden sind. Anfang November schnüren wir die Wanderschuhe und versuchen die gigantische Landschaft des Grand Canyons zu erfassen, in dem wir hinunter zum Colorado Fluss laufen. Zurück auf den Rädern folgen wir vom South Rim dem Arizona Trail bis nach Flagstaff, ein wahres Paradies für Mountainbiker. Irgendwie müssen wir wieder mehr Kilometer machen, immer nur off-road unterwegs zu sein ist auf Dauer ganz schön langsam. Auf dem Weg zum Joshua Tree Nationalpark sind wir aus Mangel an Alternativen plötzlich auf der Interstate, der amerikanischen Version der Autobahn, unterwegs. Mit jedem Tag den wir uns der mexikanischen Grenze nähern fühlen wer mehr und mehr, dass es Zeit ist für ein neues Land. Doch erst einmal müssen wir unsere Räder für Mexiko vorbereiten…
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Looking back on our last month in the lower 48 before we made it over the Mexican border. In early November we tried to capture the humungous landscape of the Grand Canyon and followed the sound of the Colorado River by hiking down the Canyon. Back on the bikes we made our way from the South Rim over the Arizona Trail down to Flagstaff, a paradise for Mountainbiker. But going off-road all the time slowed us down a bit too much. At any point we had to do some more miles. In the face of the lack of alternative roads we ended up cycling on the Interstate to Joshua Tree NP. With every day getting closer to the border we feel more and more that it’s time for a new country, but first we had to prepare the bikes for Mexico…
Nach langem Kampf gegen Wind und Sand liegt er vor uns, der Grand Canyon. „Schon wieder ein Canyon?“ Um ehrlich zu sein mit Bryce Canyon, Black Canyon, Canyonland und vielen weiteren haben wir eigentlich genug von Canyons in den letzten Monaten. Zumal unser Interesse am Grand Canyon nie so groß war, als dass wir hier unbedingt langfahren wollten. Trotzdem sind wir jetzt hier. Wenn er schon auf dem Weg liegt, dann schauen wir ihn uns halt mal an.
Die Wintersaison hat gerade begonnen und der Besucherandrang ist erträglich, zumindest abseits der Hotelanlagen des Canyon Village die von asiatischen Reisegruppen bevölkert sind. Die Immense Größe des Canyons sowie die unterschiedlichen Farben der Felsformationen sind schon beeindruckend. Doch von den Aussichtpunkten erscheint alles so weit weg. Wir beschließen ein paar Tage im Park zu verbringen und das Innere des Canyons zu erkunden. Da Räder, wie in so ziemlich allen Nationalparks hier in den USA, nicht auf Wanderwegen erlaubt sind, schließen wir diese am South Rim ab, packen die wichtigsten Sachen in unsere Rucksäcke und gehen Wandern. Nach einer kleinen Wanderung am Vortag, um zu testen wie fit wir sind, machen wir uns bei Sonnenaufgang auf den Weg. Einmal runter zum Colorado River und wieder zurück. Eine beliebte Mehrtageswanderung, die wir allerdings an einem Tag machen wollen, da für Mehrtageswanderungen eine der limitierten Genehmigung benötigt wird und auf diese „Lotterie“ haben wir beide keine Lust.
Fast 1.500m Höhenunterschied liegen zwischen dem South Rim und dem Colorado River, dem Grund des Canyons. In allen Broschüren wird aufgrund des Höhenunterschied und der Länge der Wanderung davon abgeraten diese an einem Tag zu machen. Wir sehen darin aber kein sonderliches Problem für uns. Und nein wir sind nicht die ersten die sich an diesem Tag über den South Kaibab Trail an den Abstieg machen. Doch beim Anblick von ausgelatschten Turnschuhen, Jeans und Lederjacke, sowie winzigen Wasserflaschen verstehe ich warum solche Warnungen herausgegeben werden. Herrschen oben am Rim noch Temperaturen um den Gefrierpunkt ist es unten am Colorado sommerlich warm.
Wir stoppen unzählige Male, machen Fotos und genießen die Aussicht. Der Trail ist voller frischer Maultierhinterlassenschaften und unten am Fluss treffen wir tatsächlich eine Maultier Karawane und ihre Führer die sich gerade wieder an den Aufstieg machen. Selbst heute werden Maultiere immer noch als Lastentiere im Canyon eingesetzt, um Waren für die Phantom Lodge in den Canyon zu bringen und Müll aus dem Canyon heraus. Ab und zu transportieren sie auch Touristen die zu faul zum laufen sind und genügend Geld in der Tasche haben.
So steil wie es runter in den Canyon geht, geht es auch wieder hinauf, diesmal über den Bright Angel Trail. Doch runter ist immer einfacher als rauf. Unsere Beine fühlen sich gut an, als wir am Nachmittag wieder oben am Rim ankommen. Noch nicht ganz ausgepowert fahren wir, nach einer heißen Dusche, wieder aus dem Park.
Die Beine sind schwer als wir uns am nächsten Tag aus dem Schlafsack rollen. Laufen ist halt doch was anderes als Radfahren. Es bleibt keine Zeit zum Ausruhen, wir wollen weiter über den Arizona Trail. Der Arizona Trail ist ein beliebter Wander- und Mountainbike Trail, der durch den Bundesstadt Arizona bis hinunter zur mexikanischen Grenze führt. Der Trail selbst schlängelt sich in einem endlosen auf und ab durch Wälder und über Felder. Endlich kein Asphalt mehr, keine Autos, keine Menschenseele, so genießen wir die Ruhe auf dem Trail, den wir völlig für uns alleine haben. Zugegeben der Trail ist stellenweise äußerst ruppig und steinig, sodass wir immer mal wieder schieben müssen. Außerdem haben wir Wasser und Essen für vier Tage dabei, da die Wasserversorgung unterwegs eher unzuverlässig ist. Aber das sind wir mittlerweile gewohnt
Kurz vor Flagstaff erwartet uns ein super Netz aus Singletrails das von heimischen Mountainbikern bevölkert ist. Wir sind schlicht weg begeistert, auch wenn es mit den voll beladenen Rädern deutlich anstrengender ist über Stock und Stein zu navigieren. Dafür können wir mal eben einem Biker mit Werkzeug aushelfen, dem seine Kette gerissen ist.
Wir sind mit Sue in Flagstaff verabredet. Sue haben wir in Missoula kennen gelernt, als sie selbst mit ihrem Rad auf Tour war. Falls wir doch noch vorhaben nach Flagstaff zukommen sollen wir uns bei ihr melden. Tatsächlich Pläne ändern sich manchmal schneller als man denkt. Sue selbst ist ein wahres Energiebündel von Powerfrau. Ob Yoga, Bluesnight oder gemeinsames Kochen, wir verbringen ein paar klasse Tage mit ihr und ihren Freunden.
Eigentlich ist es Zeit einen neuen Blog zu schreiben, doch unser Laptop zickt plötzlich rum. Nach langer Fehlersuche der Schock, die Festplatte ist hinüber. Das zunehmende off-road Gefahre ist ihr wohl nicht gut bekommen. Immerhin hat Andi in letzter Minute zumindest 90% der Daten auf der Festplatte sichern können. Doch jetzt heißt es ein paar Wochen warten, bis wir eine neue Festplatte haben.
Wir beschließen ein weiteres Stück über den Arizona Trail zu fahren. Bevor wir in Richtung Westen abbiegen. Immerhin müssen wir nach Cathedral City wo mittlerweile einige Ersatzteile auf uns warten. Die Routenplanung ist nicht ganz so einfach, da wir nicht so scharf drauf sind auf starkbefahrene Straßen zu radeln. Letztendlich entscheiden wir vor Ort welche Strecke Sinn macht.
Der Abschnitt des Arizona Trails südlich von Flagstaff beinhaltet einige lange schiebe Strecken, welche zu steinig sind um zu fahren. Stellenweise geht es zwar flowig durch den Wald, doch irgendwie ist die Freude an dem Trail verschwunden und wir verlassen den Trail am Lake Mary.
Dunkle Wolken ziehen auf und prophezeien nichts Gutes. Wir verbringen die Nacht auf dem Double Spring Campground, der offiziell schon für den Winter geschlossen hat. Das ist das Schöne daran in der Nebensaison unterwegs zu sein. Wir haben die Campingplätze für uns alleine und brauchen noch nicht mal mehr etwas zahlen. Ok, ganz offiziell ist das nicht.
Am nächsten Morgen regnet es. „Weiter fahren oder nicht?“, steht zur Debatte. Nach langen überlegen entschließen wir uns fürs weiterfahren. „Hoffentlich ist der Boden noch nicht völlig aufgeweicht“, geht es uns durch den Kopf. Doch eine Extraschleife will keiner von uns fahren. Die Forststraße ist etwas klebrig, aber eine andere Wahl bleibt uns nicht als so schnell wie möglich aus dem Regen zu kommen und wieder festen Untergrund unter die Räder zu bekommen. Doch zu spät auf halber Strecke sind wir wieder einmal am schieben. Die nächsten Stunden verbringen wir damit die Reifen immer wieder von dem Matsch zu befreien den die Amis so liebevoll „Cake“ nennen. Die Mischung mit Tannennadeln und Laub macht es dabei nicht besser. Alles ist eingesaut immerhin kommen wir nachdem wir die Schutzbleche abgeschraubt wieder voran, wenn auch langsam.
Von der Schnebly Hill Road haben wir einen schönen Ausblick auf die roten Felsformationen die die Gegend um Sedona umgeben. Die Straße hat dabei nichts mit einer Straße zu tun und bis runter ins Dorf sind wir gut durchgeschüttelt. Sedona ist ein Künstler und Neu-Hippie Dorf. Die sogenannte New-Age Bewegung ist hier auf der Suche nach der spirituelle Ebene durch Energiequellen. Außer Geld sehen wir jedoch keinerlei Energie fließen.

Wir biegen auf den Lime Kiln Trail ab. Der Singletrail ist sandig und äußerst stachelig. Am Ende sind wir froh ohne Platten hier wieder runter zu kommen. Wir machen uns auf zum Mingus Mountain. Nicht über die Hauptstraße sondern einer Dirt Road die Teil des Coconino Loop ist, einer Bikepacking Route der wir seit Flagstaff immer mal wieder folgen. Die Strecke ist unheimlich steil und steinig. Wir kämpfen uns im Schneckentempo den Berg hinauf und kommen am schieben trotzdem nicht vorbei. Wir sind so müde, dass wir einfach irgendwo das Zelt aufstellen. "Ganz schön steinig der Untergrund", wie wir am nächsten Tag feststellen. Immerhin folgt nach erfolgreichem Aufstieg ein wenn auch kurzer Downhill hinunter nach Prescott.
Die letzten Wochen sind wir nur langsam vorangekommen. Zu viel Singeltracks, zu viel Offroad. Die Zeit läuft uns langsam davon, wir müssen endlich wieder Kilometer machen. Ab Prescott folgen wir deshalb der Hauptstraße. Wir verlassen die Wälder und Höhen, es wird trockener und wärmer. Die ersten riesen Saguaro Kakteen tauchen am Straßenrand auf und wir stimmen uns schon mal auf Mexiko ein.
Es gibt nicht viele Straßen hier in der Gegend und so landen wir auf dem Weg zum Joshua Tree Nationalpark auf der Interstate I-10, welche vergleichbar mit einer deutschen Autobahn ist. Es ist kurz vor Thanksgiving und die Interstate voll mit Autos und Lkws. Jeder scheint irgendwo hin unterwegs zu sein. Es macht keine Spaß hier mit dem Fahrrad auf dem wenn auch breiten, dafür unheimlich dreckigen Seitenstreifen unterwegs zu sein. Überall liegen Drähte und Reifenreste, da ist es schon fast ein Wunder, das wir nicht einen Platten nach dem anderen haben.
Wir fahren ein paar Tage mit Alyssa aus Minneapolis die mit ihrem Rad in Richtung Westküste unterwegs ist. Sie ist Inhaberin eines Fahrradverleihs und bietet geführte Städtetouren in Minneapolis an. Alyssa weiht uns in die Thanksgiving Traditionen ein. Doch statt Truthahn verzichten wir lieber auf den Hauptgang und gehen stattdessen gleich zum Dessert über. Liebevoll in der Hitze ein zweites mal gebackener Kürbiskuchen Mmh lecker..
Es rollt wieder und trotz Gegenwind fahren wir weit über 100km am Tag. So sind wir schneller in Joshua Tree als gedacht. Doch hier ist die Hölle los, es ist Wochenende und auch noch das Wochenende kurz nach Thanksgiving. Trotzdem verbringen wir zwei Tage im Park und schauen uns natürlich den Namensgeber des Parks an, den Joshua Tree der zu der Familie der Yucca gehört.
Die Felsen im nördlichen Teil des Parks werden um diese Jahreszeit von Kletterern bevölkert. Wir fahren etwas über die Seitenwege bevor wir den Park über eine sandige 4x4 Piste durch die Hintertür verlassen. Was wir nicht wissen, der Weg über den Berdoo Canyon führt mitten durch eine Art privaten Schießübungsplatz. Überall liegen leere Patronenhülsen und Zielscheiben. Die Gegend ist voll mit Familien, die den Tag offensichtlich mit schießen verbringen. Von der Pistole bis zum Automatikgewehr alles ist dabei. Doch was uns wirklich schockiert ist der nachlässige Umgang mit den Waffen. Mehr als einmal zeigt ein Waffenlauf auf andere Personen während sie den Schützen wechselt. Da wundert es mich nicht mehr, dass es so viele „Unfälle“ mit Schusswaffen gibt.
Von der Wüste geht es mitten ins Grüne von Cathedralcity (Palm Springs Gegend). Der Wasserverbrauch der Städte muss angesichts der vielen Golfplätze und blühenden Gärten gigantisch sein. Neun Pakete warten bei Brad auf uns und damit jede Menge Arbeit. Wir wollen unsere Räder auf mechanische Scheibenbremsen umbauen und haben dafür extra neue Gabeln von Velotraum aus Deutschland geschickt bekommen. Wir haben schlichtweg die Nase voll von den Magura HS33 Bremsen die ständig Öl verlieren und kaum Bremsleistung bei Schnee, Dreck und nassen Bedingungen haben. Die Laufräder müssen für den Umbau mit neuen Naben eingespeicht werden. Neue Reifen, neue Ketten und Kassetten gibt es auch noch. Der Umbau verläuft gut und wir freuen uns über unsere generalüberholten Räder. Auch der Laptop läuft wieder mit einer neuen Festplatte. Jetzt kann es weiter gehen, wir wollen endlich nach Mexiko.
Wir fühlen uns bereit für ein neues Land, eine neuer Kultur. In den letzten Tagen fallen uns nur noch negative Sachen auf, dabei hatten wir eigentlich eine schöne Zeit in den USA. Bis zur Grenze sind es noch 350 Km, also maximal 4 Tage. Doch die kalifornischen Autofahrer machen es uns nicht gerade einfach mit ihren riskanten Überholmanövern. Im „Pie Town“ Julian überlegen wir gerade Apfelkuchen essen zu gehen, als wir von Shirley und Rich zu sich nach Hause eingeladen werden. Wie sich herausstellt sind die beiden Warmshowers Hosts und wir dürfen in ihrer Cowboy Cabin übernachten. Rich ist leidenschaftlicher Radfahrer und zeigt uns am nächsten Morgen seine Lieblings-Offroadstrecken. Er, mit seinen 29 Zoll Laufrädern und superbreiten Reifen, wir auf unseren Pizzaschneidern, wie die schmalen Reifen hier gerne genannt werden. So finden wir doch noch einen schönen Abschluss auf ein paar hübschen Trails, denn am nächsten Tag heißt es: “Mexiko wir kommen!“
Unterwegs bis zur mexikanischen Grenze 32.520 km und 614 Tage
geschrieben von Steffi
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Werner (Montag, 19 März 2018 09:00)
Der Bericht wieder toll und erst die Bilder - aller erste Sahne - ich bekomme Fernweh
Koni und Ute mit Tandem (Dienstag, 20 März 2018 05:07)
Superschöne Fotos und klasse Bericht - Ihr seid ganz schön stramm gestrampelt - Toll!
Jürgen (Mittwoch, 21 März 2018 12:47)
Wie immer klasse Bericht.
Haltet die Ohre Steif!
Anton (Sonntag, 25 März 2018 20:03)
Hallo ihr beiden, wunderschöne Bilder, wecken Erinnerungen.
Liebe Grüße
ride-worldwide@web.de (Sonntag, 01 April 2018 17:20)
@ Werner
Das Fernweh soll man nicht unterdrücken das ist ungesund. Es gibt nur eine Medizin dagegen ;-)
@Koni & Ute
Die gegend ist auch großartig zum Radeln da macht es doppelt Spaß. Danke
@Jürgen
Danke Jürgen
@Anton
Das ist schön zu lesen. Die Erinnerungen kann dir keiner nehmen
DIETER (Dienstag, 29 Mai 2018 03:23)
WÜNSCHE EUCH AUCH WEITERHIN EINEN GUTEN TRIP. IMMER NETT VON EUCH ZU HÖREN. GRÜSSE AUS INDIEN.....